Montagmorgen, erste Pause. Während der Rest der Schüler*innen noch ziemlich verschlafen ins Pausenbrot beißt oder hastig durch den Flur läuft, zieht es eine Jedida, Ronja, Elise und Klara in einen ruhigen Raum – zum Schülerbibelkreis des Markgräfin Wilhelmine Gymnasiums in Bayreuth. Dort gibt es keine Noten, keine Hektik, kein "Du musst". Stattdessen: Musik, Gespräche, Gebet – und eine Pause, die sich wirklich wie eine anfühlt.
Jedida, Ronja, Elise und Klara, vier Schülerinnen der zehnten Klasse, gehören zum festen Kern des Kreises. Was sie verbindet, ist mehr als bloß der gemeinsame Stundenplan. Es ist der Wunsch nach einem Ort, an dem man zur Ruhe kommen kann. Ein Ort, an dem man einfach mal durchatmen darf.
Musik als gemeinsame Sprache
"Meistens beginnen wir mit einem Lied", erzählt Ronja, die oft ihre Ukulele dabei hat. Musik spielt für sie eine zentrale Rolle. "Das ist wie eine gemeinsame Sprache – man muss nicht alles erklären, man fühlt einfach." Danach folgt eine kleine Andacht. "Jemand bereitet was vor, oft zu einem Thema, das ihn oder sie in der Woche beschäftigt hat. Das kann etwas Persönliches sein, manchmal auch etwas Politisches", ergänzt Elise.
Die Struktur ist bewusst einfach gehalten: ein Lied, ein Impuls, ein gemeinsames Gespräch, ein Gebet zum Schluss.
"Wir haben nur 15 Minuten Zeit", sagt Klara, "aber in dieser Viertelstunde passiert oft mehr als in einer ganzen Schulstunde."
Was die Gruppe so besonders macht, ist die Mischung aus Tiefe und Lockerheit. Da wird über Psalmen gesprochen, über Glaubensfragen philosophiert, manchmal einfach auch nur über das Leben. "Und wenn es nur darum geht, zusammen Kekse zu essen und einander zuzuhören – auch das ist wertvoll", meint Ronja mit einem Lächeln.
Der Bibelkreis ist keine neue Idee. Schon früher habe es Versuche gegeben, berichtet Elise. "Mein Vater hat früher selbst so etwas gemacht und fand das immer total schön. Ich wollte das auch schon in der Grundschule gründen. Aber es gab immer wieder Hürden – Lehrer, die skeptisch waren, oder einfach fehlende Zeit." Dass es jetzt klappt, ist für die Schülerinnen ein echtes Herzensprojekt.
Vertrauen schafft Raum für Persönliches
"Wir sind zwar nur vier, fünf feste Mitglieder", sagt Klara, "aber das ist okay. Wir sind eine kleine, vertraute Gruppe. Wir kennen uns alle seit Jahren." Gerade dieses Vertrauen macht es möglich, auch persönliche Dinge anzusprechen – Sorgen, Zweifel, aber auch Hoffnung und Freude. "Es ist schön, wenn man sich nicht verstellen muss", sagt Elise.
"Und wenn man spürt: Ich werde gehört."
Dabei ist der Kreis ausdrücklich offen für alle. Auch für Mitschülerinnen und Mitschüler, die nicht religiös sind. "Wenn jemand kommt und einfach mitdiskutieren will – super", betont Clara. "Wir wollen keinen exklusiven Club, sondern einen Raum für Austausch und Gemeinschaft." Trotzdem sei es wichtig, dass eine gewisse Offenheit mitgebracht wird. "Einmal war jemand dabei, den wir gar nicht kannten – da merkt man sofort, wie sehr das Vertrauen eine Rolle spielt."
Glaube als Halt im Alltag
Der Glaube ist für die Jugendlichen eine Orientierungshilfe. "Für mich ist die Bibel wie ein Lebensratgeber", sagt Elise. "Nicht, weil da alles wortwörtlich drinsteht, sondern weil sie Werte vermittelt, an denen ich mich im Alltag orientieren kann." Gerade in stressigen Schulphasen helfe ihr der Glaube, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.
"Es ist gut, etwas zu haben, worauf man sich verlassen kann."
Die Lehrerinnen und Lehrer reagieren inzwischen gelassen auf den Bibelkreis. "Anfangs wurden wir öfter gefragt, warum wir zu spät zum Unterricht kommen", erinnert sich Ronja. "Aber mittlerweile wissen die meisten Bescheid. Manche unterstützen uns sogar." Eine Durchsage im Schulhaus hat kürzlich neue Aufmerksamkeit auf das Projekt gelenkt – vielleicht der erste Schritt in Richtung größerer Bekanntheit.
Musik, sei dabei ein zentrales Bindeglied. Vor allem moderne Worship-Lieder, die sie aus verschiedenen Jugendtreffs kennen. "Die alten Gesangsbücher schrecken viele ab", sagt Klara. "Aber die neuen Lieder haben Power – und sie wecken Erinnerungen. Sie sind emotional. Manchmal sind sie einfach wie ein Gespräch mit Gott."
Ob sie sich wünschen, dass der Kreis wächst? "Ja", sagen alle drei – aber nicht um jeden Preis. "Es geht nicht darum, möglichst viele Leute zu sammeln", erklärt Elise. "Es geht darum, Menschen zu erreichen, die das brauchen. Und wenn das nur ein paar sind, ist das völlig okay."
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