Die neue Bundesregierung zeigt in religiöser Hinsicht ein anderes Profil als das vorherige Kabinett. Sowohl in der äußeren Symbolik als auch in der persönlichen konfessionellen Bindung einzelner Mitglieder ist bei Schwarz-Rot eine stärkere Orientierung am Glauben und an Kirche als bei der Ampelkoalition erkennbar.
So entschieden sich bei der Vereidigung im Bundestag 14 von 18 Kabinettsmitgliedern, darunter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), für den religiösen Zusatz "So wahr mir Gott helfe", die sogenannte Gottesformel.
Dieser Zusatz ist freiwillig und war in der vorherigen Regierung unter Olaf Scholz (SPD) von den meisten Mitgliedern nicht verwendet worden. Scholz selbst hatte auf den Gottesbezug im Eid ebenfalls verzichtet, was innerhalb der Kirchen damals teils mit Bedauern aufgenommen wurde.
Wer verwendete die Gottesformel?
Zu den neuen Regierungsmitgliedern, die sich bei ihrer Vereidigung öffentlich auf Gottes Hilfe beriefen, zählen neben Merz auch Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD), Innenminister Alexander Dobrindt (CSU), Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU) Außenminister Johann Wadephul (CDU), Justizministerin Stefanie Hubig (SPD), Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sowie der parteilose Digitalminister Karsten Wildberger.
Lediglich Verteidigungsminister Boris Pistorius, Arbeitsministerin Bärbel Bas, Umweltminister Carsten Schneider und Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan (alle SPD), entschieden sich dagegen und bekräftigten ihren Eid mit den Worten: "Ich schwöre es."
Die Vereidigung des Kabinetts fand deutlich später statt als geplant, weil Merz als erster Bundeskanzler in der Geschichte der Bundesrepublik im ersten Wahlgang im Parlament die Kanzlermehrheit verfehlte. Erst im zweiten Wahlgang nach mehrstündiger Sitzungsunterbrechung wurde er mit 325 Ja-Stimmen zum Regierungschef gewählt. Erforderlich waren 316 Stimmen. Den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD gehören 328 von 630 Abgeordneten an.
Konfessionelle Zusammensetzung der neuen Bundesregierung
Auch in der konfessionellen Zusammensetzung des Kabinetts zeigt sich eine stärkere kirchliche Verankerung.
Neun Regierungsmitglieder gehören der katholischen Kirche an:
- Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU)
- Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU)
- Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU)
- Innenminister Alexander Dobrindt (CSU)
- Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU)
- Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU)
- Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU)
- Bauministerin Verena Hubertz (SPD)
- Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos)
Drei weitere Minister*innen sind evangelisch:
- Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD)
- Wirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU)
- Außenminister Johann Wadephul (CDU)
Die neue Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan stammt aus einer chaldäisch-katholischen Familie. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hat jüdische Wurzeln, ist aber laut eigener Aussage selbst nicht religiös. Die übrigen Minister*innen machen zu ihrer Religionszugehörigkeit keine Angaben.
Die neue Bundesregierung zeigt eine deutlich stärkere religiöse Prägung als ihre Vorgängerin. Ob und wie sich das auf politische Entscheidungen auswirkt, bleibt natürlich abzuwarten. Auffällig ist jedoch bereits jetzt ihre wieder verstärkte Bezugnahme auf religiöse Bekenntnisse und Formulierungen.
(mit Material von epd)
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Das Verhältnis religiös zu…
Das Verhältnis religiös zu nicht-religiös entspricht in etwa der Erwartung (Bevölkerungsverteilung), wobei die Katholiken etwas überrepräsentiert sind, was bei Schwarzer Mehrheit nicht verwundert. Irgendwelche Eidesformeln sagen aber wenig über die Politik aus und eigentlich sollen Christen ohnehin nicht schwören. Wichtig ist da weniger das Bekenntnis als das Ergebnis für Land und Menschen. Dieses bleibt abzuwarten. Nach den pastoralen Merkel-Steinmeier-Gauck-Jahren und dem kirchenfernen Ampel-Intermezzo übernimmt jetzt wieder die westdeutsche Rheinschiene mit den üblichen bayrischen Zwischentönen. Fast könnte man meinen die Republik wäre wieder bei Kohl oder Adenauer angelangt, aber die Zeiten sind doch anders.