Friedrich Schorlemmer starb am Montag nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren in einem Berliner Pflegeheim, wie der Evangelische Pressedienst (epd) am Dienstag aus Kreisen seiner Familie erfuhr.

Der am 16. Mai 1944 im brandenburgischen Wittenberge geborene Friedrich-Wilhelm Schorlemmer war einer der wichtigsten Protagonisten der friedlichen Revolution in der DDR.

Der Sohn eines evangelischen Pfarrers war unangepasst: Schorlemmer verweigerte als Pazifist den Wehrdienst. Als Pfarrerskind musste er sein Abitur an einer Volkshochschule ablegen. Später studierte er in Halle Theologie.

Friedrich Schorlemmer verstorben

Nach dem Theologiestudium in Halle war er in den Franckeschen Stiftungen und danach als Studentenpfarrer in Merseburg tätig.

Als Dozent kam er 1978 ans Evangelische Predigerseminar in die Lutherstadt Wittenberg. Er predigte an Martin Luthers (1483-1546) ehemaliger Wirkungsstätte in der Schlosskirche, an deren Tür der Reformator vor über 500 Jahren die 95 Thesen angeschlagen haben soll, die zum Auslöser der Reformation wurden.

International bekannt wurde der Theologe 1983 mit dem symbolträchtigen Umschmieden eines Schwertes zu einer Pflugschar als Friedensaktion in Wittenberg. Am Abend des 24. September 1983 versammelten sich auf dem evangelischen Kirchentag in Wittenberg - damals in der DDR - rund 600 Menschen und schauten zu, wie auf Initiative des Wittenberger Theologen Friedrich Schorlemmer der Kunstschmied Stefan Nau in heißer Kohle ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedete. Mit dem symbolischen Akt "Schwerter zu Pflugscharen" sollte der Wunsch nach Frieden ausgedrückt werden.

Auch der damalige Regierende Bürgermeister von West-Berlin und spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker (CDU) war dabei, der bundesdeutsche Journalist Peter Wensierski war mit einem kleinen Kamerateam gekommen.

Revolution in der DDR

Fünf Jahre später, rund ein Jahr vor dem Mauerfall, legte Schorlemmer gemeinsam mit seiner Friedensgruppe die "20 Wittenberger Thesen" für eine Demokratisierung der DDR vor. Freie Wahlen, unabhängige Gerichte, Reisefreiheit und die Forderung, dass "die Kommunisten auf das mit Macht ausgeübte Wahrheitsmonopol und auf den prinzipiellen gesellschaftlichen Überlegenheitsanspruch verzichten" - diese und andere Forderungen waren im Juni 1988 noch eine pure Provokation.

"Wenn es ihm nicht gepasst hat, dann hat er es deutlich gesagt"

Im Herbst 1989 sah der Theologe Schorlemmer schließlich seine Stunde gekommen. Auf der berühmten Demonstration am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz war er einer der Redner, engagierte sich in der Partei "Demokratischer Aufbruch" - und blieb das, was er auch vor der friedlichen Revolution war: unangepasst. Als sich die Partei im Zuge der ersten freien Volkskammerwahlen im Frühjahr 1990 der CDU zuwendete, trat er aus und schloss sich der SPD an. Er war Gegner einer schnellen Wiedervereinigung.

Nach 1990 setzte Schorlemmer sich rasch für eine Rehabilitierung der in PDS umbenannten SED ein. 1993 forderte er, die Stasi-Akten zu vernichten, was ihm deutliche Kritik anderer Bürgerrechtler einbrachte. 1999 schloss er sich der Forderung nach einer strafrechtlichen Amnestie für die DDR-Verantwortlichen an. Frieden und soziale Gerechtigkeit hätten für Schorlemmer immer eine zentrale Rolle gespielt, sagt Naumann. Und er sei zeit seines Lebens streitbar geblieben: "Wenn es ihm nicht gepasst hat, dann hat er es deutlich gesagt." Das habe ihm nicht immer nur Freundschaften, sondern auch gehässige Anmerkungen eingebracht.

Auszeichnungen

Der Wittenberger Pfarrer erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Carl-von-Ossietzky-Medaille, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und das Bundesverdienstkreuz. In höhere Ämter gelangte Schorlemmer allerdings nicht. Von 1990 bis 1994 war er Fraktionsvorsitzender der SPD im Wittenberger Stadtparlament, 1992 wurde er Studienleiter an der Evangelischen Akademie Wittenberg.

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