Das Strafrecht soll wieder einmal verschärft werden. Diesmal – so die Hoffnung – um Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, besser zu schützen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde kürzlich vom Kabinett verabschiedet. Doch ein genauerer Blick auf dessen Inhalt lässt wieder einmal eines befürchten: Symbolpolitik.
Natürlich ist der bessere Schutz von Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, ein richtiges und wichtiges Anliegen. Und in finanzieller Hinsicht gehört eine Verschärfung des Strafrechts sicherlich zu den kostengünstigsten Maßnahmen der Kriminalpolitik; eine Aufstockung des Personals, insbesondere bei den Staatsanwaltschaften, ist da schon teurer. Zudem ist die Ankündigung einer Strafrechtsverschärfung medienwirksam.
Aber mal ehrlich: Wer glaubt denn wirklich, dass schärfere Gesetze gerade die Straftaten gewaltbereiter Extremisten verhindern? Auch hier darf bezweifelt werden, dass die Verschärfung des materiellen Strafrechts in der Praxis eine ausreichende Präventionswirkung entfaltet. Schließlich geht es vor allem darum, potenzielle Täter wirksam abzuschrecken.
Aussichtslos, darauf zu hoffen, dass gewaltbereite Rechte das Strafgesetzbuch lesen
Aber funktioniert das? Gerade in einer emotional aufgeheizten Stimmung wie im Wahlkampf? Ich glaube nicht, dass man sich durch die Gesetzesänderung künftig sicherer fühlen kann, wenn man zum Beispiel in einer AfD-Hochburg Wahlkampf gegen Nazis macht. Gewaltbereiten Rechten dann mit dem Strafgesetzbuch zu kommen oder auch nur darauf zu hoffen, dass sie es vorher gelesen haben, halte ich für ziemlich aussichtslos.
Dies gilt auch für den geschützten Personenkreis. Auch wenn mediale Verlautbarungen bisweilen anderes suggerieren: Die Unterschiede im strafrechtlichen Schutzniveau bleiben auch nach der Gesetzesänderung weitgehend bestehen. Explizit neu in den Schutzbereich der sogenannten Staatsschutzdelikte einbezogen werden – so der Gesetzentwurf – Personen, die Mitglied des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission oder des Gerichtshofs der Europäischen Union beziehungsweise Mitglied einer Volksvertretung auf kommunaler Ebene sind.
In meinem Beispiel des freiwilligen Wahlkampfhelfers wird aber weiterhin auf die allgemeinen Strafvorschriften wie Körperverletzung oder Nötigung zurückgegriffen werden müssen. Die Sondertatbestände greifen hier weiterhin nicht. Und damit auch nicht deren erhöhte Strafrahmen.
Symbolpolitik par excellence
Lediglich auf der Ebene der Strafzumessung sieht der Gesetzentwurf eine weitergehende Änderung vor. So soll mit dem vorgesehenen Anknüpfungspunkt einer "dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeit" ein Strafzumessungsgesichtspunkt zu Lasten des Täters geschaffen werden. Dies hat allerdings rein symbolischen Charakter.
Wie es im Gesetzentwurf heißt, können die Gerichte bereits jetzt "die schuldhaften Folgen der Tat nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB als Strafzumessungsgesichtspunkt zu Lasten des Täters berücksichtigen". Eine Änderung sei daher in der Praxis nicht erforderlich. Vor allem aber, so heißt es im Entwurf weiter, werde "ein deutliches Zeichen gegen gemeinschädliche und demokratiefeindliche Straftaten" gesetzt. Sag ich doch: Symbolpolitik par excellence.
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