Selbstbewusst und kämpferisch hat sich der evangelische Dekanatsbezirk München beim traditionellen Jahresempfang gezeigt: Unter dem Motto "Yes, we care!" präsentierten Stadtdekan Bernhard Liess und Barbara Pühl, Leiterin der Evangelischen Dienste München (EDM), am Mittwochabend im Alten Rathaussaal die breite Palette seelsorgerischer Angebote im Dekanat. Pühl verwies auf die Ergebnisse der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung 2023, die sonst eher im Zusammenhang mit Mitgliederschwund und Bedeutungsverlust zitiert wird: Sie zeige eben auch, "dass 78 Prozent der Konfessionslosen es wichtig finden, dass die Kirche Seelsorge anbietet", sagte die Kirchenrätin. Für die Kirche seien Menschen "mehr als ihre Krankheit, ihre Schwachheit, ihre Leistung". Das spiegele sich in einer Vielzahl von Angeboten wider.

Orte für Seelsorge seien die 63 evangelischen Kirchengemeinden, betonte Stadtdekan Liess: "Dort werden Menschen niederschwellig begleitet in allen Wechselfällen des Lebens - von der Taufe bis zur Beerdigung." Zum Arbeitsbereich der Evangelischen Dienste gehörten Seelsorge in 22 Altenheimen und - rund um die Uhr - in vielen Krankenhäusern, an Hochschulen und durch Beratungszentren, für Menschen mit Behinderung oder Migrationshintergrund, für Alleinerziehende und Jugendliche. Ohne die Ehrenamtlichen, deren genaue Zahl man für das Dekanat gar nicht erfassen könne, sei seelsorgerliche Begleitung in vielen Bereichen nicht zu leisten. "Ich bin dankbar für alle, die sich dafür engagieren, sich ausbilden und selbst begleiten lassen", sagte Liess.

"Wir bräuchten viel mehr Seelsorger", sagt Hans Theiss, CSU-Stadtrat und Arzt auf einer Intensivstation

Die Bedeutung von Seelsorge hatte zuvor schon der CSU-Stadtrat Hans Theiss betont, der in Vertretung des Oberbürgermeisters ein Grußwort sprach. Als Arzt auf einer Intensivstation begegne er täglich Angehörigen, die um das Leben ihrer Angehörigen bangten, berichtete der Kardiologe und Professor für Innere Medizin. "Als Ärzte kämpfen wir um jedes Leben, aber zu oft sind wir mit unserem Latein am Ende", sagte Theiss. Viele Angehörige wünschten sich in so einer Situation seelsorgerliche Begleitung. Die Seele sei ebenso wichtig wie der Körper, so Theiss: "Wir bräuchten viel mehr Seelsorger, denn auch die Hektik, der Stress, die abnehmenden sozialen Kontakte im Alltag sind nicht gut für die Seele." Dem Dekanat danke er "für das riesengroße Engagement" auf diesem Gebiet.

Stadtdekan Liess sagte, das Dekanat wolle mit seinen Angeboten "sichtbar sein zum Wohl der Menschen in der Stadt". Er dankte allen politisch Engagierten dafür, dass sie sich für eine "pluralistische, demokratische, bunte, liberale, menschenfreundliche, tolerante, offene und auch gerne queere Gesellschaft" einsetzten. Der Einsatz für eine demokratische Gesellschaft sei auch ein christliches Grundanliegen. Er wolle in Erinnerung rufen, dass die Kirche "nach wie vor" eine Institution sei, die in einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft "integrativ wirken kann, auch bei ganz unterschiedlichen Meinungen".

Das Dekanat München umfasst 63 Gemeinden mit rund 200.000 Protestanten und erstreckt sich von Petershausen bis Höhenkirchen. Es ist nach der Zahl der Mitglieder das größte Dekanat der bayerischen Landeskirche.

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