Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat der Diakonie München nach Bekanntwerden der Vorwürfe wegen "Grenzüberschreitung" gegen ihren Vorstandssprecher staatsanwaltschaftliche Ermittlungen nahegelegt. "Grundsätzlich ist der beste Weg, wenn die Staatsanwaltschaft ermittelt und aufklärt", sagte Bedford-Strohm am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst epd auf Anfrage. Gerade bei den im Raum stehenden Vorwürfen sei eine "lückenlose und transparente" Aufklärung wichtig.

Der Bischof erläuterte in einer Stellungnahme:

"Wo tatsächlich Übergriffe stattgefunden haben, gibt es Null Toleranz."

Er begrüße, dass inzwischen "eine unabhängige Kanzlei" mit der Aufklärung der Vorgänge beauftragt sei. Am vergangenen Montag waren durch einen Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) Vorwürfe wegen "verbaler und körperlicher Grenzüberschreitung" gegen den Vorstandssprecher der Diakonie München bekannt geworden.

Demnach hatte sich eine frühere Mitarbeiterin bereits im Herbst 2021 unter anderem an die Fachstelle "Aktiv gegen Missbrauch" der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) gewandt; weitere Verfasser anonymer Briefe hätten ebenfalls Vorwürfe wegen Übergriffigkeiten erhoben.

Eine Sprecherin der Diakonie bestätigte dem epd, dass im Juli eine Rechtsanwaltskanzlei damit beauftragt wurde, die Vorwürfe zu untersuchen. Der Abschlussbericht wird Anfang Oktober erwartet. Der Vorstandssprecher sei bis Ende September "nicht im Dienst". Nach epd-Informationen wurde der 58-jährige Pfarrer vom Aufsichtsrat beurlaubt.

Zuständigkeit liegt nicht bei der Landeskirche

Ein Sprecher der Landeskirche bestätigte dem epd, dass dem Landesbischof der Inhalt eines anonymen Briefes seit Januar 2022 bekannt war. Da die Diakonie München und Oberbayern jedoch rechtlich selbstständig und der Vorstandssprecher nach wie vor als Pfarrer bei der Kirche im Rheinland angestellt sei, habe die bayerische Landeskirche "keine Zuständigkeit und keine rechtlichen Einflussmöglichkeiten". Die Bearbeitung des Falles im Sinne des ELKB-Präventionsgesetzes "oblag der Diakonie Bayern als Landesverband", beziehungsweise deren Meldestelle, heiß es.

Die Evangelische Kirche im Rheinland teilte auf epd-Anfrage mit, dass es üblich sei, Pfarrpersonen für den Dienst etwa "für die Seelsorge in der Bundeswehr, den Dienst in Auslandsgemeinden, den Dienst in diakonischen Einrichtungen oder auch in Einrichtungen anderer Kirchen" freizustellen. Diese Personen verblieben dennoch im Dienstverhältnis der Landeskirche. Außerdem bestätigte ein Sprecher, dass derzeit "Vorwürfe der Amtspflichtsverletzung gegen einen in Bayern tätigen Pfarrer unserer Kirche" geprüft würden.

Die Diakonie Bayern hatte bereits am Montag auf epd-Anfrage mitgeteilt, dass jede Trägereinrichtung im Landesverband laut landeskirchlichem Präventionsgesetz eigene Schutzkonzepte entwickeln muss. Den aktuellen Fall aufzuarbeiten sei jetzt "die Hausaufgabe der Diakonie München und Oberbayern".

Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, widerspräche das Verhalten des Vorstandssprechers "komplett dem Werteverständnis von Diakonie". Im Interesse aller Beteiligten müssten die Vorwürfe rückhaltlos aufgeklärt werden.

"Maximale Transparenz und maximale Aufklärung durch ein umfassendes Verfahren" kündigte der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Diakonie München und Oberbayern, Andreas Bornmüller, in einem Gespräch mit dem epd an. Dass der Aufsichtsrat bereits seit Herbst 2021 von den Vorwürfen der Mitarbeiterin gewusst habe, wies Bornmüller zurück: "Das stimmt nicht." Weitere Fragen zur Chronologie des Falles werde man frühestens nach Erhalt des Abschlussberichts der beauftragten Kanzlei beantworten.