Ein bekannter Berliner Witz geht so: "Mensch, jeh in dir", sagt ein Berliner zum anderen. Der antwortet lapidar: "War ick schon, och nischt los!" "Mensch geh in dich!", heißt das übersetzt. "War ich schon, auch nichts los!"

In sich zu gehen, den Weg der Innerlichkeit zu suchen, ist in unserer Zeit kein leichtes Unterfangen. Vieles zieht uns nach außen: Im Berufsleben müssen wir uns mit unseren Stärken präsentieren, die mobile Welt fordert ein ständiges Unterwegssein bis in virtuelle Welten und erwartet eine permanente Erreichbarkeit.

Daher ist es nicht verwunderlich, wenn wir bisweilen resigniert feststellen: "Ich muss erst einmal zu mir kommen!" So verstanden gibt es auch religiösen Aktionismus, wenn es darum geht, Gottesdienste zu feiern, Hilfsaktionen durchzuführen oder spirituelle Vorträge zu hören. Freilich können wir in all dem Gott begegnen, doch bei allen Aktionen darf der Weg der Innerlichkeit nicht verschüttet werden. Das drückt einer der prägendsten christlichen Mystiker, Meister Eckhart, so aus:

Du sollst Gott erkennen ohne Vorstellung,
ohne Mittel und ohne Gleichnis.
Soll ich aber Gott ohne Mittel erkennen,
so muss ich schlechthin er werden und er ich.

Weiter sage ich: Gott muss schlechthin
ich werden und ich schlechthin Gott; so sehr eins,
dass dieses ER und dieses ICH
ein IST werden und sind
und in der ISTheit ewig ein Werk wirken. (Predigt 83)

Denn wer kommen will in Gottes Grund,
in dessen Innerstes,
der muss zuvor in seinen eigenen Grund,
in sein Innerstes kommen,
denn niemand kann Gott erkennen,
der nicht zuvor sich selbst erkennen müsse. (Predigt 15)

Hier ist Gottes Grund mein Grund
und mein Grund Gottes Grund.
Hier lebe ich aus meinem Eigenen,
wie Gott aus seinem Eigenen lebt. (Predigt 5b)

Der kurze Text von Meister Eckhart ist für mich eine provokante Einladung, mich auf die abenteuerliche Suche nach meinem Innersten zu begeben, im Schweigen ruhig und still zu werden, im Gleichklang des Atems Schritt für Schritt alles loszulassen, was mich von mir wegzieht, um so leer und frei zu werden und nur bei mir zu sein, immer mehr bei mir zu sein, vorbehaltlos Ich zu sein in der Tiefe meiner Seele.

"Hier ist Gottes Grund mein Grund und mein Grund Gottes Grund." Hier ist der Grund meines Daseins, nicht gemacht und geschaffen, sondern göttlicher Grund, erfüllte Leere, belebte Ruhe,

mein Eigen in seinem Eigen gegründet.

Verlags-Tipp

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Dieser spirituelle Impuls ist ein Auszug aus dem Glaubenskurs "Mystiker. Der Innere Weg zu Gott."

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