In etlichen Kirchengemeinden im Freistaat sorgen die anstehenden Änderungen im Umsatzsteuerrecht für Unbehagen. Dabei sind diese Sorgen vermutlich in den allermeisten Fällen unbegründet, wenn die Gemeinden ein paar wichtige Kleinigkeiten beachten, erläutert Marion Engelke, Steuerrechts-Referentin im evangelischen Landeskirchenamt in München. Betroffen von den neuen gesetzlichen Vorgaben sind aber nicht nur Kirchengemeinden, sondern auch die politischen Gemeinden und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts. Für sie alle gilt spätestens ab dem 1. Januar 2021 ein neues Steuerrecht.
Diese anstehenden Änderungen sind eigentlich nichts Neues, sie existieren schon länger. Die betreffende Vorschrift ist auf Januar 2016 datiert - die zugrundeliegende EU-Richtlinie ist noch älter. Allerdings haben etliche Körperschaften des öffentlichen Rechts und eben auch etliche Kirchengemeinden die sogenannte Optionsregelung gewählt, wonach die Änderungen für sie nicht bereits seit Anfang 2017, sondern erst ab Januar 2021 gelten sollen.
"Ganz grundsätzlich braucht keiner Angst davor zu haben", erläutert Expertin Engelke: "So ist das Gesetz nun einmal - und man kann das gut in den Griff kriegen."
Konkret ergibt sich durch die Änderungen des Umsatzsteuergesetzes Folgendes: Künftig sind in Körperschaften oder Kirchengemeinden alle Aktivitäten umsatzsteuerpflichtig, die im Wettbewerb zu einem privaten Anbieter stehen oder stehen könnten. Klingt erst einmal abstrakt, aber lässt sich auf konkrete Beispiele anwenden. Nach der Logik wären der Getränke-Automat im Gemeindehaus, der Eine-Welt-Basar oder -Laden sowie Flohmärkte oder Gemeindefeste umsatzsteuerpflichtig, erläutert Engelke. Natürlich beträfe das auch Kirchenkonzerte, aber für kulturelle Veranstaltungen gebe es zum Teil Ausnahmegenehmigungen.
Engelke rät allen Gemeinden, sich gut zu überlegen, welche Betätigung sie ab 2021 wirklich und in welchem Umfang durchführen wollen. Denn es gibt die Möglichkeit der Kleinunternehmerregelung - die auch von vielen Privatpersonen verwendet wird, die nebenbei selbstständig tätig sind.
Wer pro Jahr weniger als 17.500 Euro umsetzt, muss also keine Umsatzsteuer zahlen.
"Die Gemeindeabteilung ist aktuell dabei, bei den Kirchengemeindeämtern nachzufragen, in welchen Gemeinden es denn überhaupt Umsatzgrößen gibt, die diese Grenze überschreiten", betont Engelke. Vermutlich seien dies nur wenige Großstadt-Gemeinden.
Für Gemeinden und kirchliche Stiftungen, die über der Grenze liegen, bedeutet die Neuregelung "mehr Verwaltungsarbeit". Sie werden dabei durch die Verwaltungseinrichtungen und die Gemeindeabteilung im Landeskirchenamt unterstützt. Von dort gesteuert werden gerade die umsatzsteuerlich relevanten Aktivitäten der Gemeinden abgefragt und für konkrete Handlungsempfehlungen ausgewertet. Außerdem ist ein Leitfaden erschienen, mit dem sich Gemeinden selbst umsatzsteuerlich einordnen können. Daneben finden Schulungen zur Qualifizierung der Verwaltungseinrichtungen für die neuen Herausforderungen statt.
Für sämtliche Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen, die künftig umsatzsteuerpflichtig seien, heißt es: Ihre Angebote müssen entweder teurer werden - oder aber sie "verdienen" weniger damit. "Wir rechnen damit, dass die Angebote teurer werden - denn Gewinn erzielen die Gemeinden etwa bei ihren Gemeindefesten ohnehin kaum", erläutert Engelke. Dies sei aber schließlich auch das Ziel der Umsatzsteuer: Sie soll die Verbraucher "treffen", beziehungsweise deren Geldbeutel.
Konzerte und Theateraufführungen können auch künftig - wie schon jetzt - auf Antrag vollständig von der Umsatzsteuer befreit werden, egal wie hoch der Jahresumsatz ist:
"Da greift für die Kirchengemeinden eine ähnliche Regelung wie etwa für die Staatsoper oder die vielen kommunalen Theater", erläutert Expertin Engelke. Auch diese müssten keine Umsatzsteuer aufschlagen und bezahlen, obwohl es natürlich auch in diesem Bereich privaten Wettbewerb gibt.