Die Fahnenträger laufen ein, der Organist wirft sich für "Die Legende lebt" in die Tasten, ob der Pfarrer dann den Gottesdienst anpfeift, ist bislang nicht bekannt: Pfarrer Martin Brons, Pfarrer der großen Nürnberger Sebalduskirche, wird am Samstag, 3. Mai, eine ganz besondere Gemeinde begrüßen können. Die Kirche wird voll mit Fans des 1. FC Nürnberg sein, denn zum ersten Mal ist sie Austragungsort eines Club-Gottesdienstes. Anlass ist das 125-jährige Bestehen des Vereins.
"Ich habe mich über die Anfrage riesig gefreut", sagt Brons, der selbst gebürtiger Nürnberger ist. "Wo, wenn nicht in der Sebalduskirche, könnte ein solcher Gottesdienst stattfinden." Der Theologe spannt einen Bogen vom legendären Fußballverein zum legendären Patron der Kirche, Sebald, dessen Heiligsprechung vor 600 Jahren heuer gefeiert wird. Das Motto seiner Gemeinde sei, "dass wir die Wünsche, Ängste und Sorgen, alles, was die Stadtgesellschaft beschäftigt, zu uns hereinholen".
Gottesdienst mit dem 1. FC Nürnberg
Die Idee für den Club-Gottesdienst unter dem Motto "Liebe, Glaube, Leidenschaft" hatten der Eichstätter Soziologie-Professor Bernd Halfar und der Autor des Buchs "Fußballheimat Franken: 100 Orte der Erinnerung", Matthias Hunger.
"Liebe, Glaube, Leidenschaft heißt es in einem Fanlied aus der Nordkurve und das ist nicht weit weg von Glaube, Liebe, Hoffnung", erzählt Hunger, wie der Wunsch für eine Feier beim Philosophieren über Aufstieg, Abstieg und Auferstehung entstand.
"Leidenschaft passt sowohl in die Kirche als auch ins Stadion", sagt der Fußballfan. Die Parallelen zwischen Fußball und Religion sind seiner Ansicht nach offensichtlich. "Rituale, Prozessionen, liturgische Gesänge, das alles findet im Stadion statt und wird dann auch in der Kirche stattfinden."
Der Verein
Hunger weiß alles über den Verein, erinnert sich, wer wann auf der Trainerbank saß, weiß von Geisterspielen und Max Morlocks Grab. Er kennt auch die Geschichte der "Sebaldusklause", einer Wirtschaft, die einst die Torwartlegende Heiner Stuhlfauth führte und die im Krieg zerstört wurde. Der Torhüter ließ in den 1920er Jahren nur äußerst selten einen Ball hinter die Linie des Clubtors.
Der Großneffe dieses berühmten Mannes, Christian Stuhlfauth, wurde Pfarrer und wird beim Club-Gottesdienst zusammen mit Diakon Rainer Fuchs die Predigt halten. "Der ist natürlich auch Clubfan" freut sich Hunger über die berühmte Verpflichtung.
Ein weiterer historischer Faden ist Pfarrer Martin Brons noch wichtig. In der Kirche des Stadtpatrons Sebald befinden sich einige antisemitische Darstellungen aus früheren Zeiten, mit denen sich die Kirchengemeinde auseinandersetzen muss. "Und der Club ist ein Vorreiter in der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit." Diese Verbindung werde man beim Club-Gottesdienst ebenfalls thematisieren. Eingeladen sind zudem Vertreter anderer Religionen, darunter ein Imam und Mitglieder des jüdischen Fußballvereins Makabi.
Fahnenschwenker in der Kirche
Wenn der neue junge Sebalder Kantor Alexander Rebetge auf der Orgel "Die Legende lebt" anstimmt, werden die Fahnenschwenker des Clubs in die Kirche einlaufen. "Wir haben schon ausprobiert, dass die Fahnen nicht irgendwelche Madonnen bei uns herunterziehen", berichtet Brons von ersten Sicherheitstests, "das ist aber nicht der Fall - wir kriegen alles gut über die Bühne."
Die Fürbitten für den Gottesdienst hat der Pfarrer noch nicht geschrieben und grübelt noch darüber, ob die Bitte um den Aufstieg vor Gott gebracht werden sollte. "Da kriegen wir den Bogen hin, zum Wunsch, dass der Beste gewinnt und glauben dann, dass das der Club ist", meint er schmunzelnd.
24 Stunden nach dem Club-Gottesdienst können das die Profis des Clubs zu Hause gegen Elversberg zeigen. Matthias Hunger ist dezent zuversichtlich. Sein Tipp: "Das werden wir gewinnen, die Hoffnung stirbt zuletzt und beten kann auch nichts schaden." Allerdings merkt er noch an, der Fußballgott habe sich in letzter Zeit leider selten in Nürnberg blicken lassen.
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