Ein frisch gekochtes, vegetarisches Mittagessen mit Bioprodukten aus regionalem Anbau gibt es täglich in einer Würzburger Kita. "Es funktioniert super gut und den Kindern schmeckt es", sagt die Hauswirtschafterin und Buchautorin Silvia Popp im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd):

"Wir verwenden Eier, Gemüse, Getreide- und Milchprodukte fast nur aus der Region, an die Jahreszeiten angepasst und sogar biozertifiziert."

Vegetarisches Essen in Würzburger Kita

Auch die Eltern seien begeistert von dem Angebot, das es seit fast zehn Jahren gibt, erzählt Popp. Und wenn es personell eng wird, würden die Eltern schon mal mithelfen und etwa die Erbsensuppe für den Martinsumzug mitkochen.

2013 wurde die Hauswirtschafterin von der Evangelischen Montessori Kindertagesstätte der Erlöserkirche in Würzburg gebeten, ein fleischloses Verpflegungskonzept zu entwickeln.

Bundesweites Streitthema

Doch ein rein vegetarisches Essenskonzept in Kindertagesstätten oder Schulen kommt nicht bei allen gut an. Nachdem Mitte Oktober der Gemeinderat im baden-württembergischen Freiburg beschlossen hatte, ab Herbst 2023 nur noch ein vegetarisches Mittagessen in städtischen Kitas und Grundschulen anzubieten, hagelte es bundesweit Kritik.

Die Entscheidung der südbadischen Stadt wurde als ideologisch kritisiert, die kleinen Kindern beizeiten klarmachen solle, "dass Fleisch böse ist". Sogar von einem "Kulturkampf auf dem Rücken von Kindern" war die Rede.

Nachteile durch vegetarische Ernährung?

Kritik übte etwa auch das baden-württembergische Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Zu einer ausgewogenen Ernährung gehöre auch Fleisch. Weniger Fleisch zu konsumieren sei richtig, "eine ausschließlich vegetarische Ernährung als Vorgabe unterstützen wir nicht", teilte das Ministerium mit.

Hauswirtschafterin Popp aus Würzburg findet dagegen die geplante Umstellung von Kita- und Schulessen in Freiburg dagegen "richtig gut" und kann die Kritik nicht nachvollziehen:

"Das heißt doch überhaupt nicht, dass die Kinder Vegetarier werden müssen."

Am Wochenende könnten gerne eine Bratwurst oder ein Fleischgericht gegessen werden, sagt Popp, die ein biologisch-vollwertiges, vegetarisches Ernährungskonzept für Kinder erarbeitet hat.

Wirtschaftlichkeit von vegetarischer Ernährung

"Es schmeckt nicht nur besser, sondern ist außerdem noch billiger", erklärt Popp. In der Kita frisch zu kochen, sei günstiger, als auf Caterer zurückzugreifen. Sie hat dazu das Buch "Gesund und nachhaltig kochen in der Kita" verfasst. Neben vielen Rezepten gibt es darin auch Hinweise zum wirtschaftlichen Einkauf, Tages- und Wochenpläne sowie Kostenaufstellungen etwa für eine Kita-Kücheneinrichtung.

Weniger als vier Euro kostet so ein frisch zubereitetes Mittagessen in Würzburg. Insgesamt zahlen die Eltern 92 Euro pro Monat für die Verpflegung mit Frühstück, Mittagessen und Nachmittagssnack. Sogar das Brot werde in der Kita frisch gebacken, aus zuvor selbst gemahlenem Getreide. Auch das sei billiger als fertige Bio-Brote zu kaufen, erläutert die Expertin.

Die Vorteile

Und noch mehr Vorteile habe eine vollwertige, vegetarische Ernährungsform, sagt sie. Sie fördere die Gesundheit und beuge Übergewicht und Krankheiten vor. Der Speiseplan der meisten Kinder enthalte zu viel tierisches Eiweiß, weiß Popp. Von rein veganen Mahlzeiten an Kitas oder Schulen hält sie dagegen nichts. Für eine ausgewogene, regionale Ernährung von Kindern seien Eier und Milchprodukte wichtig, ist sie überzeugt.

Warum in Deutschland derzeit heftig über rein vegetarisches Schulessen diskutiert wird, können Experten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit Sitz in Bonn nicht ganz nachvollziehen. Das Schulessen beinhalte lediglich fünf Mahlzeiten in der Woche, sagte die Ernährungswissenschaftlerin bei der DGE, Silke Restemeyer, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Expertin begrüßt Einführung

Auch die Ernährungsweisen zu Hause seien wichtig. Wenn Eltern dies wollten, könnten sie selbstverständlich andere Mahlzeiten wie Frühstück, Abendessen oder am Wochenende fleischhaltig gestalten.

Es sei "durchaus positiv zu bewerten", wenn durch vegetarische Mittagsmahlzeiten in Schule und Kita der Gemüseverzehr von Kindern erhöht wird. Bislang werde in Deutschland auch von Kindern eher zu viel als zu wenig Fleisch gegessen, erklärte die Ernährungsexpertin.

Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung, die neben pflanzlichen Lebensmitteln auch Milch und Milchprodukte sowie Eier enthalte, sei sowohl für Erwachsene als auch für Kinder empfehlenswert. Auch ohne Fleisch, Fleischprodukte und Fisch sei diese Ernährungsweise sehr gut dazu geeignet, alle Nährstoffe in ausreichender Menge zu liefern. Zudem senke dies das Risiko, an Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2 oder koronarer Herzkrankheit zu erkranken.

Standards für Schulverpflegung

Bereits seit 2020 enthalten die DGE-Qualitätsstandards für Schulverpflegung Kriterien für sogenannte ovo-lacto-vegetarische Menüs. Darin würden etwa die in Fleisch, Fleischprodukten oder Fisch enthaltenen Proteine durch Hülsenfrüchte und Getreide in Kombination mit Milch und Milchprodukten sowie Hühnereiern ersetzt.

Nüsse, Pflanzenöle und Ölsaaten seien eine gute Quelle für ungesättigte Fettsäuren, erklärte Restemeyer. Zur Versorgung mit Jod trügen mit Jodsalz zubereitete Produkte wie Brot bei. Es gebe vielfältige Fleischalternativen wie Linsenbolognese, Falafel, Kichererbsencurry, Getreidebratlinge oder auch Hirseauflauf.