Alice Cooper ist seit Jahrzehnten eines der bekanntesten Gesichter der Pop-Kultur. Schon vor 50 Jahren war Vincent Damon Furnier, wie der US-Amerikaner mit bürgerlichem Namen heißt, ein Rockstar, inspirierte sogar Salvador Dali zu Kunstwerken und etablierte mit seinem Look aus schaurigem Make-up und einer ausufernden Bühnenshow eine eigene Spielart der theatralischen Rock-Show.
In den 1970er-Jahren quasi der Antiheld des grassierenden Glamrocks waren seine Auftritte, bei denen er seinen Kopf regelmäßig unter eine Guillotine legte, noch Anlass für Diskussionen um das, was auf der Bühne erlaubt ist. Wenn er heute mit einer jungen, agilen Band, die wie zu besten Hardrock-Zeiten der 80er und 90er post und soliert, Konzerte gibt, sind diese Elemente immer noch fester Bestandteil der Show. Da rennt eine Peitsche schwingende Domina bei "Go to Hell" um die Musiker, die den Sänger traktiert. Bei "Feed my Frankenstein" spaziert der Untote persönlich über die Bühne. Unfreiwillig – nein, freiwillig komisch ist das.
Selfies mit Aushilfs-Alice
Alice Cooper nimmt seine Texte und seine Musik, allerdings sein Image nicht allzu ernst. Er schmeißt gleich zu Beginn seine Krücke hin, mit der er auf der Bühne erschienen ist. Gesanglich ist er nach wie vor top, wirkt weitaus jünger als mancher andere 76-Jährige. Die rund 4000 Fans, die sich auf dem von Bäumen und Hecken gesäumten, gemütlich wirkenden Freigelände zwischen Max-Morlock-Stadion und Messegelände eingefunden haben, sind begeistert. Bei Hits wie "Schools Out" und vor allem "Poison" werden sie zum stimmgewaltigen Mitsingchor. Als ein Regenschauer auf der Bühne vorgetäuscht wird, spannt ein Spaßvogel im Publikum tatsächlich einen Schirm auf. Vorher hatte sich vor der Bühne bereits ein fränkischer Aushilfs-Alice in voller Montur eingefunden, der für Selfies bereit stand.
Cooper, der in den 1970er Jahren durch seinen exzentrischen und schockierenden Bühnenauftritt und seine düsteren Texte berühmt wurde, hat in späteren Jahren seinen Glauben gefunden und sich stark damit identifiziert. Der bekennende Christ spricht immer wieder offen über seinen Glauben. 2008 hat er im Gespräch mit der SZ erwähnt, dass sein Glaube ihm geholfen hat, mit seiner früheren Alkoholabhängigkeit fertig zu werden. "Ich war der verlorene Sohn, der wieder nach Hause zurückgefunden hat. Was ich heute mache, steht nicht im Widerspruch zur christlichen Lehre, im Gegenteil. Die Bibel verdammt Kunst keineswegs; Sie werden kein Wort gegen den Rock’n’Roll in der Heiligen Schrift finden", sagt er da.
Songs mit Glaubensbezügen
Und die Bezüge zum Glauben findet man auch in seinen Songs. Bereits 1971 kündigt er in "Second Coming" das zweite Kommen Christi an, in "Give the Kid a Break" (aus dem Album "Goes to Hell", 1976) findet man einen Dialog zwischen einem Charakter und Gott, bei dem der Charakter um eine zweite Chance bittet. Nicht zuletzt behandelt das gesamte 1994 erschienene Album "The Last Temptation" Themen des Glaubens, der Versuchung und der moralischen Entscheidungen. Es ist ein Konzeptalbum, das stark von christlicher Thematik geprägt ist.
Cooper betonte 2009 im Gespräch mit der "Sun" die transformative Kraft seines Glaubens und seine Sichtweise auf die wahre Rebellion in der Nachfolge von Jesus Christus: "Truly the only true rebellion is in Jesus Christ. Because he was the only one that said, 'You're either with me or against me. There is no in-between.' He said that 2,000 years ago. So, that's pretty rebellious."
So viel Tiefgang braucht es aber gar nicht an diesem Abend, der einen gelungenen Auftakt zur Stadionpark Open-Air-Reihe darstellte, mit dem Nürnberg eine neue und einmalige Sommer-Veranstaltungsstätte direkt neben dem Stadion und doch mitten im Grün der Natur bekommt. Wie die Veranstalter vom Concertbüro Franken sagen, sollen künftig hier immer Anfang Juli Konzerte und Shows der Stars sowie Festivals unter freiem Himmel stattfinden.
In den kommenden Tagen treten dort so unterschiedliche Künstler wie Judas Priest, Finch, Peter Fox oder Wincent Weiss auf. Dass die Preise für Getränke und Essen auch noch weitaus niedriger als zuletzt bei Festivals dieser Größenordnung sind und das Angebot reichhaltig ist, macht das Konzertvergnügen gleich noch runder.
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