Konzerte im Kaisersaal der Residenz während des Mozartfests sind seit je her ein Fest für die Ohren und Augen. Architekt Balthasar Neumann hat den Raum mit rund neun Meter hohen Stuckmarmorsäulen und einer Ovalkuppel, Giovanni Battista Tiepolo mit Deckenfresken ausgestattet. Hier entfaltet sich der Klang eines Orchesters so wunderbar wie in nur wenig vergleichbaren Räumen.

Zu Beginn des Konzertabends stand Mozarts Ouvertüre zu seiner späten Oper "La clemenza die Tito" auf dem Programm, die den Auftakt zu zwei weiteren Werken bildete, deren Schöpfer sich logischerweise auf ihn bezogen. Vielleicht auch von Mozarts in seinem Todesjahr 1791 erstmals aufgeführten Musik, die 40 Jahre später den jungen evangelischen Vikar und später als Lyriker der Biedermeierzeit bekannt gewordene Eduard Mörike 1832 dazu bewog, in sein Tagebuch zu notieren, wie ihn die Beobachtung eines Gewitters an jene Klänge erinnerte.

Mozart und der Höllensturz

"Wie der Teufel fuhr die Ouvertüre zum Titus in meiner Seele los", schrieb der Dichter. Das knüpft an Ulrich Konrads Beobachtungen zu Mozarts Glaubensleben an, die der Seniorprofessor und Musikwissenschaftler an der Universität Würzburg erst wenige Wochen vorher im Gespräch mit dem Theologen Hans-Joachim Sander erstmals einer breiten Öffentlichkeit dargestellt hat. Demnach sei der "Höllensturz" des "Titelhelden" von Mozarts Oper "Don Giovanni" eine klare Folge dessen Negierung jeder höheren Autorität – alles andere, als den ausschweifend lebenden Edelmann in die Hölle zu schicken, wäre nach Konrad für das ausgehende 18. Jahrhundert skandalös gewesen.

Von Mozart sind nur wenige Äußerungen zu Glauben und Religion überliefert. In einem Brief an den Vater schreibt er 1777:

"Ich habe Gott immer vor Augen. Ich erkenne seine Allmacht, ich fürchte seinen Zorn, ich erkenne aber auch seine Liebe (…)".

Wolle man Mozarts katholisch geprägte Religiosität verstehen, müsse man nach Antworten in seinen Werken suchen, so Konrad kürzlich während des Mozartfests.

Robert Schumann und Luther

Anders Robert Schumann (1810 – 1856), dessen Großvater lutherischer Pfarrer in Thüringen war und der sich zeitlebens auf Martin Luther bezogen und den Reformator als "immer wieder Mottogeber" und "Hauptfigur seiner novellistischen Artikel" bezeichnet hat. Sein Konzert für Klavier und Orchester a-Moll war dann am Dienstag das erste tragende Werk des Abends. Ein Klavierkonzert, mit dem Schumann Orchester und Klavier so verbinden wollte, dass der Pianist seine Kunst voll entfalten, das Orchester allerdings mehr als bloßer Begleiter sein sollte.

Wie dies gelingt, zeigte die Camerata Salzburg mit ihrem Dirigenten Giovanni Guzzo und der in Halle lebenden Pianovirtuisin Ragna Schirmer eindrucksvoll. Musikalische Themen warfen sich Solistin und Orchester nur so zu, wie sie in der Partitur freilich stehen, wie sie aber auch als logisches Aufeinanderfolgen nur von echten Könnern mit viel Einfühlsamkeit interpretiert werden. Da verschmolzen die Instrumente zu einem wohligen Klangkörper, der im Kaisersaal sowohl bei den Forti als auch den Pianissimi in andere Sphären schwebte.

Ragna Schirmer, die vor allem mit einer Einspielung von Bachs Goldberg-Variationen Berühmtheit erlangte, spielte im Anschluss sogar neben Frédéric Chopins Etüde op. 10 Nr. 4 noch eine Zugabe aus jenem Referenz-Werk der Klaviermusikgeschichte. Und bewies einmal mehr ihre große Bandbreite zwischen perlender Virtuosität und leiser Dynamik, wenn im voll besetzten Konzertsaal sprichwörtlich keine Stecknadel fallen zu hören gewesen wäre.

Wunderkind Mendelssohn

Wie Mozart auch ein Wunderkind war Felix Mendelssohn Bartholdy. Der in Berliner Großbürgerkreisen 1809 hinein geborene Komponist legte bereits als 15-Jähriger seine erste Sinfonie in c-Moll vor, die von der Camerata Salzburg atmosphärisch intoniert wurde. Ein Werk, bei dem klar wird, Mendelssohn hat von Mozart gelernt, der aber auch seine jugendliche Neugierde und Ungestüm mit in die Komposition einbringt. Ein gelungener Abschluss eines Konzerts, das Musik als Ausdruck von reiner Inspiration wiedergab, bei der mit Sicherheit der göttliche Funke nicht ganz unschuldig war.

Das Mozartfest 2024 läuft noch bis zum 23. Juni. Bei einem Festgottesdienst in der Würzburger Dekanatskirche St. Stephan wird Landesbischof Christian Kopp ab 10 Uhr predigen und den Text der Kantate "Was Gott tut, das ist wohlgetan" von Johann Sebastian Bach auslegen. Musikalisch wird der Gottesdienst neben dieser Kantate mit der Kirchensonate F-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart gestaltet. Die musikalische Leitung liegt bei Kirchenmusikdirektor Christian Heidecker.

Ragna Schirmer nebst Giovanni Guzzo
Ragna Schirmer nebst Giovanni Guzzo beim Konzert im Kaisersaal der Würzburger Residenz am 18. Juni 2024.

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