Das 1921 gegründete und damit älteste Mozartfestival Deutschlands rückt also das Thema Freundschaft in den Mittelpunkt.Es ist eine Spezialität des Würzburger Mozartfests, in jedem Jahr eine andere Facette seines Namensgebers zu beleuchten, ihn unter frischem Blickwinkel zu betrachten. Heuer verweist man auf Mozarts zahlreiche Kompositionen, die er Freunden widmete, und betont die Rolle der Musik als verbindendes Element zwischen Menschen. Ein Hauptsponsor bezeichnet den "Freund Mozart" in seinen Annoncen sogar als "spirituellen Begleiter in allen Lebenslagen". Ein hoher Anspruch also an das Festival, die Bedeutung von Künstlerfreundschaften sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart zu erkunden.

Diesem wurde die klangvolle Reise durch die Musikgeschichte Mitteleuropas beim Konzert mit der Prague Philharmonia unter der Leitung von Oscar Jockel gerecht. Als Solist trat der Cellist Bryan Cheng auf. Der 1997 in Ottawa geborene Cheng zählt zu den herausragenden Cellisten seiner Generation. Er gewann Preise bei renommierten Wettbewerben wie dem Queen Elisabeth Wettbewerb in Brüssel, dem Concours de Genève und dem Paulo-Wettbewerb in Finnland. Mit 14 Jahren debütierte er in der Carnegie Hall, mit 20 in der Elbphilharmonie Hamburg. Cheng spielt auf dem "Dubois"-Cello, gebaut 1699 von Antonio Stradivari in Cremona.

Wiener Klassik beeinflusst Tschechien

Im Zentrum des Konzerts standen die Verbindungen Mozarts nach Tschechien sowie die enge Freundschaft zwischen Mozart und Joseph Haydn. Sie kannten sich persönlich, begegneten sich oft in Wien, musizierten gemeinsam in Kammermusikrunden und schätzten einander zutiefst. Haydn nannte Mozart den größten Komponisten seiner Zeit, und Mozart widmete Haydn seine berühmten sechs Streichquartette – ein Zeichen tiefster Verehrung. In Haydns Cellokonzert in C-Dur, das Bryan Cheng in diesem Konzert als Solist interpretierte, klingt diese Welt der Wiener Klassik auf, die Mozart und Haydn gemeinsam prägten. Cheng, in goldgelbem Blazer an diesem Abend auch ein echter Hingucker, brillierte bei der Kadenz des Stückes, die zu einer kurzen, aber wilden Improvisation geriet. Tosender Applaus am Ende. Der junge Musiker legte sogar noch eine kurze Zugabe ein.

Leopold Koželuh, geboren 1747 in Böhmen und 1818 in Wien verstorben, war Teil desselben musikalischen Umfelds wie Mozart. Er zog wie viele seiner Landsleute nach Wien und machte sich dort als Komponist und Pianist einen Namen. Koželuh stand angeblich in Konkurrenz zu Mozart, komponierte ebenfalls für Klavier und Orchester und übernahm nach Mozarts Tod sogar dessen Hofstelle als Kammerkapellmeister. In Koželuhs Sinfonie in g-Moll spürt man den Geist der Wiener Klassik – eindrucksvoll dargebracht von dem 1994 gegründeten Ensemble, das mit Oscar Jockel einen mitreißenden Dirigenten mitbrachte.

Jan Václav Voříšek (1791–1825) wurde in Böhmen geboren, wenige Monate vor Mozarts Tod. Er wirkte in Wien, wo er in die Fußstapfen der großen Klassiker trat. Voříšeks Musik verbindet klassische Formen mit einer romantischen Klangsprache, die den Übergang zur neuen Epoche markiert. Seine Sinfonie in D-Dur ist ein Werk, das die Strukturen der Klassik wahrt und zugleich den Ausdruck der Romantik vorwegnimmt – ein stiller Gruß an die Meister vor ihm, darunter Mozart.

Choralmeditation zum tschechischen Nationalheiligen Wenzel

Josef Suk (1874–1935), der späteste der Komponisten im Programm, lebte fast ein Jahrhundert nach Mozart. Als Schwiegersohn und Schüler von Antonín Dvořák war Suk ein Vertreter der tschechischen Spätromantik, und in seiner Musik verbinden sich tiefe Emotionen mit dem Stolz auf die tschechische Kultur. In seiner "Meditation über den altböhmischen Choral ‚Svatý Václave‘" erklingt weniger ein direkter Bezug zu Mozart, sondern vielmehr die Sehnsucht nach Schönheit und Wahrheit, die auch Mozarts Musik durchdringt. Der Choral – auf Deutsch "Heiliger Wenzel" – gehört zu den ältesten und bedeutendsten geistlichen Liedern Tschechiens. Seine Ursprünge reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück, und bis heute hat er eine herausragende Bedeutung für das tschechische Kultur- und Nationalbewusstsein. Der Gesang ist eine schlichte, archaisch anmutende Bitte an den heiligen Wenzel, den Schutzpatron Böhmens, der um das Jahr 907 geboren wurde und als Landesfürst und Märtyrer verehrt wird. In dem Lied wird er angerufen, als Fürsprecher bei Gott für das tschechische Volk zu wirken – ein Gebet, das in schwierigen Zeiten immer wieder Trost gespendet hat.

So zeigte sich an diesem Abend, wie weit Mozarts musikalischer Freundeskreis reicht – von den persönlichen Begegnungen mit Haydn bis zu den stillen, generationsübergreifenden Inspirationen in den Werken von Koželuh, Voříšek und Suk. Musik ist ein Gespräch über Zeit und Raum hinweg, ein unsichtbares Netz, das Künstler verbindet – ob als Freunde, Rivalen oder stille Bewunderer.

Mozartfest noch bis zum 23. Juni

Das Würzburger Mozartfest läuft noch bis zum 23. Juni. Im Einklang mit dem Motto wurden zwei Künstler als "Artistes étoiles" ausgewählt: der Bratschist Nils Mönkemeyer und der Pianist William Youn. Ihre langjährige musikalische Zusammenarbeit symbolisiert die im Motto thematisierte Freundschaft. Gemeinsam präsentieren sie in elf Konzerten Werke, die Mozarts Freundschaften musikalisch reflektieren. Darüber hinaus wird ein neues Werk des Komponisten Manfred Trojahn uraufgeführt, das speziell für das Mozartfest Würzburg und die Elbphilharmonie Hamburg komponiert wurde.

In der Pause: wandeln im Hofgarten der Würzburger Residenz.
In der Pause: wandeln im Hofgarten der Würzburger Residenz.

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