Erika Balzer mutet sich jeden Tag ganz schön was zu. Die 26-jährige Studentin hat einen Job bei der Antonio-Amadeu-Stiftung und durchforstet für ein europäisches Projekt "Get the trolls out" (Weg mit den Trollen) die Medien und Social Media Kanäle nach antireligiöser Hetze.

Antisemitische und antimuslimische Behauptungen sind ihr Spezialgebiet, erzählt sie. Wenn ein fränkischer AfD-Abgeordneter postet, die Grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sei eine Marionette des ungarischen Milliardärs Georges Soros, dann schrillen bei der Studentin der Politikwissenschaften und Öffentlichem Recht die Alarmglocken.

"Get the trolls out": Verschwörungstheorien nehmen in der Corona-Krise zu

"Durch die Pandemie werden besonders die Verschwörungstheorien vom internationalen Finanzjudentum befeuert", stellt Balzer fest. Diese Theorie von der reichen Elite, die die Weltpolitik steuere, habe es bereits vor 100 Jahren gegeben.

Sie kennt die Codes, die rechtsextreme Akteure verwenden, wenn sie vor "Islamisierung" oder "Umvolkung" warnen. Zu den antimuslimischen Erzählungen gehöre gerade in der Fastenzeit Ramadan, dass muslimische Familienclans angeblich lange nach der Ausgangssperre auf den Straßen in großen Gruppen unterwegs sein sollen, hat Balzer gefunden. Solche unbelegten Behauptungen sammelt sie und gibt sie bei den Sitzungen mit den europäischen Partnern weiter.

Amadeu-Antonio-Stiftung informiert über Hass und Hetze im Netz

Bei solchen Treffen erfährt sie, "dass es in England in den vergangenen Monaten keinen antisemitischen Vorfall gegeben hat, in Polen dagegen gibt es sie oft." Solche Ergebnisse veröffentlicht das Projekt "Get the trolls out" unter anderem in den "Belltower News" der Amadeu Antonio Stiftung.

"Es gibt böswillige Verschwörungstheorien und es gibt manche Medienvertreter oder Blogschreiber, die geben Stereotype unwissend wieder", differenziert die junge Frau. Für einen der größten "Trolle" im Internet hält sie den Autor und Koch Attila Hildmann, gegen den inzwischen ein Haftbefehl vorliegt und der sich in die Türkei abgesetzt hat.

Antisemitische und antireligiöse Mechanismen müssen aufgedeckt werden

Wenn sie auch oft über abstruse Thesen den Kopf schüttelnd vor ihrem Rechner sitzt, in Diskussionen darüber würde sich Erika Balzer nicht verwickeln lassen. "Davon wird einem in dem Projekt abgeraten. Das macht nur wütend und keinen Sinn".

Stattdessen sieht sie in der Offenlegung der antisemitischen und antireligiösen Mechanismen viel Sinn. "Das hilft, europäisch dagegen vorzugehen", ist die junge Frau überzeugt. Die Arbeit des Projekts schaffe auch "ein Bewusstsein für die großen und kleinen Trolle".

Erika Balzer rät zu Faktenchecks

Sie rät jedem, der im Internet recherchiert, selbst Faktenchecks durchzuführen und Theorien auf mehreren Seiten im Netz gegenzuchecken: "Man muss den Suchbegriff eben bei zwei bis vier seriösen Quellen eingeben". Großes Vertrauen hat die Projektmitarbeiterin jedenfalls in die klassischen Medien, "die fundierten Journalismus betreiben".