Schon die erste Szene ist herzergreifend. Der Vater führt die kleine Katharina zur Klosterpforte, die Münzen, die er der Nonne gibt, klimpern. Sträuben und Weinen helfen nicht, die Schwestern schließen die Tür und ziehen die kleine Rothaarige in die dunklen Gänge. Die Kamera bleibt dicht dran an den Menschen, nur ein kurzer Schwenk geht den Turm hinauf in den Himmel.

Regisseurin Julia von Heinz, Drehbuchautor Christian Schnalke und Kamerafrau Daniela Knapp setzen im Fernsehfilm "Katharina Luther", der im Februar im Ersten zu sehen ist, konsequent auf Emotionen, erklärt wird nur wenig. Und sie vertrauen darauf, dass sich die Zuschauer einlassen auf das 16. Jahrhundert, den tiefen Glauben und Aberglauben, die unbändige Angst vor Teufel, Fegefeuer und Verdammnis, die menschlichen und kirchlichen Ordnungen, raue Sitten, die unverrückbaren Rollen für Männer und Frauen.

Erzählt wird die Geschichte der entlaufenen Nonne Katharina von Bora (Karoline Schuch), die den ehemaligen Mönch und späteren Reformator Martin Luther (Devid Striesow) heiratet. Sie wird die Frau, die ihn angesichts seiner Verzweiflung über den Tod der gemeinsamen Tochter an das erinnert, was er ihr einst ins Kloster geschrieben hatte: "Wir dürfen vertrauen, auch im Tod."

Katharina von Bora und Martin Luther
Gedreht wurde unter anderem auf Schloss Reinhardsbrunn bei Gotha.

Nach dem traumatischen Zurücklassen der kleinen Katharina an der Klosterpforte geht der Film 17 Jahre später weiter, im September 1522. Die junge Nonne hat Lesen und Schreiben gelernt, sie betet und arbeitet mit ihren adligen Mitschwestern. Doch auch hinter die Mauern von Kloster Nimbschen dringt die Kunde vom Theologen Martin Luther aus dem rund 90 Kilometer entfernten Wittenberg: Das Verhältnis zu Gott hängt nicht von guten Werken ab, und der Zölibat entspricht nicht der göttlichen Ordnung. Katharina gelingt ein kurzer Briefwechsel mit ihm – und sie flieht mit einigen anderen jungen Nonnen nach Wittenberg.

Über das Leben dieser Katharina von Bora (1499-1552) ist nur wenig bekannt, eigene Zeugnisse gibt es nicht, nur die ihres Mannes. Sicher ist aber, dass sie den Haushalt im sogenannten Schwarzen Kloster samt Vieh, Feldern und Einquartierung zahlender Studenten mit fester Hand führte. So ermöglichte sie es Luther, dass er sich in seine Studien, Briefe, Predigten stürzen konnte. Und sie nahm an den Tischgesellschaften teil, bei denen heftig diskutiert wurde.

Karoline Schuch spielt die geflohene Nonne Katharina, die sich in der Männerwelt außerhalb des Klosters zurechtfinden muss, als Frau ihrer Zeit. Auch sie braucht einen Mann, der ihr Überleben sichert. Sie lächelt kaum, ist zäh, zupackend und selbstbewusst, manchmal ein wenig eitel und herrisch. Und vor allem stark dann, wenn ihr Ehemann schwach ist.

Martin Luther und die Nonne Katharina von Bora
Martin Luther unterstützt die Nonne Katharina von Bora bei ihrer Flucht aus dem Kloster.

Devid Striesow als Luther ist zunächst gewöhnungsbedürftig, bekannt ist er eher als Kommissar oder guter Kumpel. Doch er verkörpert Luther als einen Mann, der sich bis zur Besessenheit in seine Arbeit stürzt, keine Rücksicht nimmt auf Bauchkrämpfe und ein offenes Bein, der leidenschaftlich streitet und mit seinen Gefühlen gegenüber Gott ringt. Bilder von gefolterten aufständischen Bauern verfolgen ihn, gegen die Juden findet er harte Worte.

Doch gegenüber den Gefühlen seiner Frau wirkt Luther hilflos, sie macht die ersten Schritte zur Hochzeit und im Ehebett. Und der Tod der 13-jährigen Tochter Magdalena bringt ihn fast um Glauben und Verstand. Zusammen wollen Katharina und Martin "das ganze Leben", wie sie sich gegenseitig versichern.

Der Zuschauer ist immer nah dran, die Handkamera aus Perspektive der beiden Hauptdarsteller bestimmt den Film – ein Reformationsfilm ohne Thesenanschlag, Reichstag und Wartburg. Produziert wurde der Fernsehfilm von der Eikon, deren Gesellschafter evangelische Landeskirchen, Werke und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) sind. Mit 40 Drehtagen und um die sechs Millionen Euro einschließlich Fördermitteln sei der Film gut ausgestattet, erklären die Produzenten Ernst Ludwig Ganzert und Mario Krebs.

Gezeigt wird der 105 Minuten lange Film am Mittwoch, 22. Februar 2017, zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr im Ersten. Am Montag wurde er in Hamburg den Medien vorgestellt. 2017 wird an Luthers Veröffentlichung der 95 Thesen gegen die Missstände in der Kirche erinnert und vor allem an den Reformator selbst. So kommt wohl auch der Name "Katharina Luther" zustande, denn bekannt ist seine Frau unter Katharina von Bora. Wer den Film verpassen sollte: Hier geht es zur Mediathek der ARD.

Lese-Tipp

»Die Frauen der Reformation«

Passend zum Film ist im Sonntagsblatt das neue THEMA-Magazin "Die Frauen der Reformation" erschienen:  "Die Frauen der Reformation". In dem Sonderheft werden großartige "Reformatorinnen" anschaulich porträtiert und in den Mittelpunkt gestellt: Katharina von Bora, Argula von Grumbach, Barbara Cranach, Elisabeth Cruciger, Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg, Olympia Fulvia Morata und Katharina Melanchthon. Dem THEMA-Magazin gelingt nicht nur die Darstellung der "weiblichen Seite" der Reformation und wie sich dadurch das Frauenbild verändert hat, sondern auch der Brückenschlag in die heutige Zeit.

DVD-Tipp

Dokumentation "Herr und Frau Luther"
Die Dokumentation des Evangelischen Fernsehens (efs) "Herr und Frau Luther" erzählt wunderbar die Geschichte des Ehepaars Luther. Im Juni des Jahres 1525 heiraten Katharina von Bora und Martin Luther im Schwarzen Kloster in Wittenberg. Eine Ungeheurlichkeit. Der ehemalige Mönch und die entlaufene Nonne treten vor den Traualtar. Für den bereits berühmten Reformator und seine fast 20 Jahre jüngere Braut ist es keineswegs eine Liebesheirat. Luthers Heirat mit Katharina war für seine Gegner ein Skandal. Und für ihn selbst? Warum ging er eine Ehe mit der entlaufenen Nonne ein? Die Doku "Herr und Frau Luther" des Evangelischen  Fernsehens (efs) geht der Sache auf den Grund.

Filmemacherin Monika Manoutschehri will mehr wissen über die Beziehung zwischen "Herrn und Frau Luther". Sie trifft unter anderem Elisabeth Hann von Weyhern und Professor Stefan Ark Nitsche, die sich die Stelle des Nürnberger Regionalbischofs teilen, den Leipziger Kirchenhistoriker Professor Armin Kohnle und die Katharina-von-Bora- Expertin und Pfarrerin Sabine Kramer. Luthers Testament, in dem er Katharina – entgegen damaliger Gepflogenheiten – als Alleinerbin einsetzt, betrachtet
Sabine Kramer als Liebeserklärung.

BESTELLMÖGLICHKEIT:
Die 24-Minuten-Dokumentation kann für 19,90 Euro als DVD im Evangelischen Presseverband für Bayern e.V.
per E-Mail an shop@epv.de
oder telefonisch unter
(0 89) 121 72-0 bestellt werden.

Lese-Tipp

Das aktuelle Sonntagsblatt

In der aktuellen Ausgabe des Sonntagsblatts ist "Katharina Luther" unser Titelthema. Hier können Sie die gesamte Ausgabe vollständig bestellen.