In einer Diskussion bei den digitalen Medientagen München wurde die Einschätzung formuliert, dass auch Qualitätsmedien von einem starken Schub durch die Corona-Pandemie profitierten.

Jochen Wegener, Chefredakteur von "Zeit Online", sprach von einer Verdreifachung der Reichweite während der Pandemie. Der Journalismus sei zurückgeworfen auf die Fakten. Die Menschen seien auf der Suche nach verlässlichen Informationen, sagte Wegener.

Zugleich habe er festgestellt, dass viele Journalisten in der Corona-Krise deutlich auf eine kritischere Distanz zu Wissenschaftler gegangen seien - ähnlich wie sonst zu Politikern.

Journalismus und Fakten

Auf ein "neues digitales Erzählen", das durch den Datenjournalismus möglich geworden sei, verwies Judith Wittwer, Chefredakteurin der "Süddeutsche Zeitung". Zugleich plädierte sie für einen konstruktiven Journalismus.

"Unsere Aufgabe ist es neben der kritischen Berichterstattung auch, Lösungswege aufzuzeigen", sagte sie.

Ähnlich äußerte sich Jörg Schönenborn, Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung beim Westdeutschen Rundfunk (WDR). Während es in der ersten Welle der Pandemie vor allem darum gegangen sei, mithilfe des Wissenschaftsjournalismus die neue Krankheit zu erklären, sei nun stärker gefragt, dass man den Menschen Orientierung biete, wie sie ihre Verantwortung im Umgang mit Corona wahrnehmen könnten.

Dabei gelte für ihn der Satz: "Eng mit Fakten, breit mit Perspektiven."

Auch Professorin Alexandra Borchardt vom Reuters Institute for the Study of Journalism an der University of Oxford plädierte dafür, Fakten bei der Berichterstattung stärker in den Vordergrund zu rücken. Journalismus in Deutschland funktioniere häufig lediglich nach dem Motto "Der hat das gesagt, der hat das gesagt".

Manuela Kasper-Claridge, Chefredakteurin Deutsche Welle, forderte, auch den Journalisten mehr Zeit zur Einordnung zu geben. Grundsätzlich werde die deutsche Corona-Politik im Inland deutlich kritischer wahrgenommen, während im Ausland das deutsche Vorgehen häufig sehr positiv beurteilt werde.

Schönenborn verwies darauf, dass während der Pandemie die Zustimmung zur Politik der Bundesregierung zugenommen habe. Im Umgang mit Corona-Leugnern plädierte er für Gelassenheit.

Er habe großes Vertrauen in die Vernunft des Großteils der deutschen Bevölkerung. "Sonst hätten wir hier schon amerikanische Verhältnisse", fügte er an.