Schon im Morgengrauen erhallt in der ganzen Stadt der tägliche Ruf des Muezzin, der auch im Camp Warehouse zu vernehmen ist. Freitag ist der Sonntag in Afghanistan. Muslime begehen ihr traditionelles Freitagsgebet.

Friedrich von Kymmel bricht um 9 Uhr zum Gottesdienst auf. Im Panzerfahrzeug, mit Helm, Gehörschutz und Splitterschutzweste, geschützt von zwei Soldaten und einem weiteren Begleitfahrzeug, fährt er vom Lager im Nordosten der Stadt bis ins ISAF-Hauptquartier im Zentrum.

Gottesdienst bedeutet Gefahr

Einen Gottesdienst zu halten bedeutet für Friedrich von Kymmel Gefahr. Jeden Freitag und Sonntag verlässt der 54 Jahre alte Pfarrer das Lager der internationalen ISAF-Schutztruppen in Kabul und begibt sich auf den Weg zu einem der Gottesdienste außerhalb des Camps.

Seine Dienstkleidung ist der Tarnanzug, an seiner Schulter prangt ein Aufnäher mit A negativ, seine Blutgruppe. Am Arm prangt ein Kreuz und das Wort »Domini Sumus« (Wir sind des Herren) - ein Spruch aus dem Römerbrief, den die Militärseelsorge als ihren Leitspruch verwendet.

Als Pfarrer ist von Kymmel unbewaffnet. Wenn er das Camp verlässt, trägt er nur seine Gitarre bei sich.

Friedrich von Kymmel, evangelischer Militärseelsorger in Kabul