"Der Schirm ist doch viel zu klein", lacht Eleonore Frisch. Vor der Seniorin stehen Dr. Pfiffikus mit quietschgelbem Hemd, zu kurzer Hose und schwarzem Zylinder und seine kariert gekleidete Partnerin Maggie McDudel unter einem winzigen Regenschirm in Regenbogenfarben. Bunt und fröhlich geht es alle 14 Tage im Georg-Schönweiß-Heim für Senioren in Nürnberg zu, wenn die Clowns kommen.

Clowns bringen Musik ins Altersheim

"Wenn ich wiederkomm', dann schenk ich dir, Tulpen aus Amsterdam" mit diesem Schlager auf den Lippen ziehen die beiden Spaßmacher in den ersten Stock der Einrichtung. Den dort versammelten acht Bewohnerinnen und Bewohnern steht der Sinn danach, mit Andreas Schock und Susanna Curtis, so die bürgerlichen Namen der beiden Clowns, zu singen. Eine der Damen stimmt "Brüderchen sing" an, Schock greift in die Saiten seiner Mini-Gitarre und trällert mit.

Humor bereichert das Leben

Wenn er nicht mit geblümten Schuhen und einer roten Nase herumalbert, ist Andreas Schock stellvertretender Leiter der Fachschule für Heilerziehungspflege in Ebenried bei Allersberg. Er hat Pflegemanagement studiert und zum Abschluss seine Diplomarbeit über "Humor für ältere Menschen" geschrieben, dazu "humorvolle Intervention" in der stationären Altenpflege untersucht. Sein Ergebnis knapp zusammengefasst: Humor bereichere die Beziehungen zwischen Pflegekraft und Bewohner, schütze das Personal vor Überbelastung und koste nichts.

Das Bild des alten Menschen sei immer noch "von Defiziten und Verlusten geprägt", erklärt Schock. Die Realität sehe aber anders aus, und das könnten viele Pflegekräfte bestätigen. Der Sinn für Humor komme im Alter nicht abhanden. Ihn könne man gebrauchen, um den Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen zu begegnen. Auch den Tod könne man mit einem Lachen leichter nehmen, findet Schock.

Er kenne viele humorvolle Pflegekräfte, die die Stimmung und Atmosphäre positiv ändern könnten. Aber wegen des Zeitdrucks in der Pflege gehe der Humor manchmal verloren.

"Wenn ich keine Zeit für das lustige Gespräch habe, dann habe ich keins gehabt", sagt Schock.

Liane Hummer liegt in ihrem Bett. Heute seien ihre Rückenschmerzen so stark, dass sie nicht aufstehen könne, erzählt sie und freut sich, dass Dr. Pfiffikus und Maggie McDudel auf einen Plausch zu ihr ins Zimmer gekommen sind. "Ich kenn' die Clowns schon seit Jahren, die machen eine Gaudi, die sind in Ordnung", sagt sie schelmisch. "Aber sie könnte ein bisschen lustiger angezogen sein", zeigt Hummer auf die weibliche Spaßmacherin.

KlinikClowns besuchen an 60 Orten Menschen

An rund 60 bayerischen Einsatzorten besuchen die "KlinikClowns" alte Menschen, so der Verein "Klinikclowns". In den allermeisten sei der Besuch trotz Corona jetzt wieder möglich. Dominic Bullinger, Leiter des Georg-Schönweiß-Heims der CAG (Christlichen Arbeitsgemeinschaft) ist froh über die Besuche: "Das führt zu einer seelischen Ausgeglichenheit und Zufriedenheit", stellt er fest. Das Spiel, die Balance aus Musik und die Optik der Clowns "kann zur Gesundung und zum pflegerischen Erfolg beitragen", stellt auch Pflegedienstleiterin Nadine Wild fest.

Schwester Nadine erzählt von Seniorinnen und Senioren, die sonst eher in sich gekehrt waren, beim Clowns-Besuch aber "richtig aufgegangen sind, gelacht haben und Spaß hatten". Aber es gibt auch solche, die die Clowns zum Zimmer wieder hinausjagen und mit Klamauk nichts zu tun haben wollen.

Regelmäßige Besuche sind wichtig

"Es gibt viele Lebensgeschichten als Grund für eine solche Haltung. Es hilft, dass ich die Verbitterung akzeptiere und anerkenne. Ich muss den Menschen nicht ändern", erklärt Schock. Er hört sich lange Biografien an, "manche sind katastrophal", bis der Punkt kommt, an dem er fragen kann: "Und wie ging es dann weiter? Dann haben Sie den Mann kennengelernt, dessen Bild über ihrem Bett hängt?" "Ja, das war mein Schatz", antwortet die Seniorin - und nun sei auch etwas Positives gesagt. Regelmäßig kommen: Das sei sehr wichtig für so eine Beziehung. "Wenn wir einmal rausgeworfen werden, kann das auch eine Tagesverfassung sein. Beim dritten Mal heißt es dann doch, "jetzt kommt einmal rein, ihr komischen Vögel".

Aus seinem "Humorkoffer" holt Dr. Pfiffikus eine goldene Krone mit bunten Steinen besetzt und erzählt noch ein Erlebnis. Diese Krone habe er einer alten Dame auf den Kopf gesetzt und mit der gelben Ukulele "Froh zu sein, bedarf es wenig, doch wer froh ist, ist ein König" gesungen. Die Frau bestand aber auf einer Textänderung. Sie wollte eine Herzogin sein und das Publikum lachte. Denn nur der Clown wusste nicht, dass er gerade mit einer "echten" Frau Herzog sprach.

Humor als Unterrichtsfach

Schock ist dafür, dass Humor ein Unterrichtsfach in der Ausbildung zu sozialen Berufen wird. "Das dient dazu, sich selbst besser kennenzulernen aber auch auf andere gut zuzugehen", sagt er. In diesem Unterricht würde er seinen Schülerinnen und Schülern beibringen, angemessenen Respekt gegenüber älteren Menschen zu zeigen, nie aus Schadenfreude zu lachen oder Menschen zu verletzen. "Ältere Menschen sind da sehr sensibel".

Schock kann richtig albern sein, herumschäkern oder dummes Zeug reden. "Ach schau Maggie, der Trockenraum liegt direkt neben der Dusche, das ist praktisch", sagt er beim Gang über die Station. Dort treffen die beiden wieder auf Eleonore Frisch. Ob ihr die Clowns gefallen? "Es passt scho", sagt sie lächelnd. Der Clown: "Ja, wenn die Hose passt, ist alles gut."