Joachim Neander liebte dieses schroffe Tal im niederbergischen Land: Im 17. Jahrhundert ging der evangelische Pastor und Kirchenmusiker gerne in einer Schlucht östlich von Düsseldorf spazieren. Er hielt dort Gottesdienste und komponierte. Zwei Jahrhunderte später wurden in dem Tal, das man nach Neander benannt hatte, Knochen eines Urzeitmenschen gefunden. Dass der Name "Neanderthaler" also auf einen protestantischen Kirchenmusiker zurückgeht - wer weiß das schon?

Zum Beispiel die Besucher eines Konzerts der Musikgruppe "Khwaerthon.AB". Sie kriegen solche Geschichten öfter zu hören. "Unsere Konzerte sind hochkarätige historische Erwachsenenbildungs-Veranstaltungen", meint Alan Büching. Er sagt das sehr vergnügt - und ein wenig ironisch. Denn die Konzerte von "Khwaerthon.AB" sind vor allem eines: ein lebensfrohes volksmusikalisches Spektakel.

Lutherische Folk-Band in Bayern

"Die lutherischste Folk-Band Bayerns", wie sie sich nennt, gibt es seit zehn Jahren. Das Lutherische bringen dabei vor allem drei der sieben Bandmitglieder ein: Andreas Ratz, Franz Zelinsky und Alan Büching sind evangelisch-lutherische Pfarrer. Lutherisches steckt aber auch im Bandnamen: Das "AB" steht für "Augsburger Bekenntnis". Es erinnert an die "Confessio Augustana". Sie wurde 1530 in Augsburg verlesen und ist die wichtigste evangelisch-lutherische Bekenntnisschrift.

Überhaupt der Name der Band: "Er ist originell", meint Andreas Ratz: "Aber er ist auch ein Fluch." Die wenigsten schreiben "Khwaerthon" auf Anhieb richtig. Das Kunstwort haben die beiden Gründungsmitglieder Ratz und Zelinsky aus dem Namen "Querton" gebastelt. Die Schreibweise soll an das Bretonische erinnern, und so die bretonische Volksmusik mit ihren keltischen Wurzeln anklingen lassen.

Kwaerthon spielt Bordunmusik

"Bordunmusik" lautet der Fachbegriff für das, was "Khwaerthon" spielt. Die Musik folgt dem "Bordun", dem "Brummbass", den die Drehleier oder der Dudelsack, "die Sackpfeife", erzeugt. Beide Instrumente hat "Khwaerthon" im Repertoire - und noch ein knappes Dutzend mehr, von der Geige über die Schäferpfeife und das Akkordeon bis zum Alphorn. Die Auswahl zeigt: In eine Schublade lässt sich die Musik von "Khwaerthon" nicht stecken. "Wir spielen alles von der Klassik bis zu modernen Popsongs", sagt Alan Büching. "Aber wir spielen es als Folk-Musik." Ein Stück etwa wie Luthers Weihnachtslied "Vom Himmel hoch" wird bei "Khwaerthon" zum "Slow Waltz", zum langsamen Walzer.

Dass die Band zurzeit mehrere Lutherlieder im Programm hat, liegt am Reformationsjahr. "Luther heimgeigen" heißt ihr diesjähriges Programm. "Wir führen Luther zu seinen Ursprüngen zurück", erläutert Andreas Ratz: "Zu seinen Vorgängern und den Vordenkern der Reformation." Im neuen Programm gibt es daher unter anderem ein Lied aus der Zeit der Bauernaufstände oder Lieder reformatorischer Bewegungen wie der Täufer und der Hutterer. Ergänzt wird die Musik durch Geschichten aus der Reformationszeit - und durch die Auftritte von Alan Büching als Reformator Martin Luther.

 

Kwaerthon Musik
In ihren Konzerten tanzen die Besucher schon mal in der Kirche: Die Khwaerthon-Mitglieder Frank Zelinksy, Andreas Ratz, Alan Büching und Martin Heim (v.li.). In der nach eigenen Angaben „lutherischste Folkband Bayerns“ spielen drei evangelisch-lutherische Pfarrer mit. In ihrem Repertoire haben die Musiker alles – von der Klassik bis zum Popsong, aber immer in der Folk-Version.

Luther-Lieder im Programm der Musikband

Büching ist in den "Khwaerthon"-Konzerten schon in verschiedenste Rollen geschlüpft, abhängig davon, welches Thema die Band fürs Jahresprogramm wählte. Er trat als Paganini auf und als Haydn, als Kaiser Franz Joseph und als "Lord Sandwich" - zum 250. Geburtstag des Klappbrots. "Khwaerthon"-Konzerte seien eben alles andere als lutherisch-ernst, sagt Alan Büching. Ganz oft werde in der Kirche auch spontan getanzt: "Dass da oben unter anderem drei Pfarrer stehen und ihrer Lebenslust frönen - das steckt an."

In diesem Jahr geschah das besonders oft: 13 Konzerte wird "Khwaerthon" am Ende des Jahres gespielt haben, meint Andreas Ratz - so viele wie noch nie. Das Lutherjahr habe die Band bekannter gemacht. Beim nächsten Konzert in der Augsburger Kirche St. Ulrich nehmen die Musiker ihre zweite CD auf. Dann könne man die neueste Musik von "Khwaerthon" mit nach Hause nehmen, meint Pfarrer Ratz. Aber Vorsicht: "Unsere Lieder gehen direkt ins Herz."

https://www.youtube.com/watch?v=5etxLmnzUEs