1. Wie wird der Grad der Pflegebedürftigkeit bestimmt?
Sobald eine Person bei ihrer Pflegekasse einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung stellt, beauftragt diese einen Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK), ein Gutachten über die Pflegebedürftigkeit zu erstellen. Der Gutachter, meist ein Arzt oder eine Pflegefachkraft, besucht den Antragsteller zuhause und prüft, wie selbstständig der Antragsteller seinen Alltag bewerkstelligen kann.
Dafür beurteilt der Gutachter sechs Lebensbereiche. Sie sind unterschiedlich gewichtet und ergeben zum Schluss ein Gesamtergebnis, das den Grad der Pflegebedürftigkeit bestimmt.
2. Welche Lebensbereiche werden begutachtet?
Selbstversorgung: Kann sich die betroffene Person selbst waschen und anziehen, kann sie oder er selbstständig die Toilette aufsuchen sowie essen und trinken? (Dieser Bereich hat besonderes Gewicht bei der Einstufung: 40 %)
Mobilität: Kann sie oder er alleine aufstehen und vom Bett ins Badezimmer gehen? Kann sie sich selbstständig in den eigenen vier Wänden bewegen, ist Treppensteigen möglich?
Geistige und kommunikative Fähigkeiten: Kann sich die betroffene Person zeitlich und räumlich orientieren? Versteht sie Sachverhalte, erkennt sie Risiken und kann sie Gespräche mit anderen Menschen führen?
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Dazu gehören unter anderem Unruhe in der Nacht oder Ängste und Aggressionen, die für die pflegebedürftige Person, aber auch für ihre Angehörigen, belastend sind. Auch wenn Abwehrreaktionen bei pflegerischen Maßnahmen bestehen, wird dies hier berücksichtigt.
Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen: Kann die betroffene Person Medikamente selbst einnehmen, den Blutzucker eigenständig messen, mit Prothesen oder Rollator umgehen und einen Arzt aufsuchen?
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Kann die betroffene Person ihren Tagesablauf selbstständig gestalten? Kann sie mit anderen Menschen in direkten Kontakt treten oder die Skatrunde ohne Hilfe besuchen?
VERLAGSANGEBOT
3. Wie errechnet sich der jeweilige Pflegegrad?
Die Zuordnung zu einem Pflegegrad erfolgt anhand eines Punktesystems. In den sechs Teilbereichen mit mehreren Unterkategorien werden Punkte vergeben. Je stärker die pflegebedürftige Person in ihren Fähigkeiten eingeschränkt ist, desto mehr Punkte bekommt sie. Zum Schluss werden die Punkte zusammengerechnet und gewichtet. Aus dem Gesamtwert ergibt sich die Zuordnung zu einem Pflegegrad.
4. Welche Pflegegrade gibt es? Welchem Pflegegrad wird ein Mensch zugewiesen?
Der Gutachter bewertet nur Einschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn das Gesamtergebnis 12,5 Punkte übersteigt.
Pflegegrad 1 – 12,5 bis unter 27 Punkte – geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 2 – 27 bis unter 47,5 Punkte – erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 3 – 47,5 bis unter 70 Punkte – schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 4 – 70 bis unter 90 Punkte – schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 5 – 90 bis 100 Punkte – schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung. Menschen, bei denen ein vollständiger Verlust der Greif-, Geh- und Stehfunktion vorliegt, werden immer in den Pflegegrad 5 gestuft.
Dossier
Rund drei Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig und im Alltag auf Unterstützung angewiesen. Wie beantrage ich Pflegegeld bei der Krankenkasse? Wie gehe ich mit einem dementen Angehörigen um? Und wo bekomme ich als Pflegender Hilfe? Das uns vieles mehr erfahren Sie in unserem Themen-Dossier »Pflege & Pflegende«.
5. Das sind die Leistungen in Euro für den Pflegebedürftigen
Sachleistungen: Zu den Sachleistungen gehören zum Beispiel die Kosten eines ambulanten Pflegedienstes.
Geldleistungen gibt es für die Betreuung und Pflege durch Angehörige, Nachbarn oder Freunde zuhause.
Kombination: Man kann Sachleistungen und Pflegegeld auch kombinieren. Das bedeutet, einen Teil der Pflege können Angehörige oder Freunde übernehmen. Dafür bekommen Sie Pflegegeld von der Pflegekasse. Und den anderen Teil der Pflege übernimmt ein mobiler Pflegedienst. Dafür bekommt dann der Pflegedienst Geld von der Pflegekasse.
Zweckgebundene Geldleistung: Seit 1. Januar 2017 erhalten Pflegebedürftige aller Pflegegrade (1 bis 5), die ambulant gepflegt werden, einen einheitlichen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro monatlich. Der Entlastungsbetrag ist keine pauschale Geldleistung, sondern zweckgebunden. Er kann zur Finanzierung einer teilstationären Tages- oder Nachtpflege, einer vorübergehenden vollstationären Kurzzeitpflege oder von Leistungen ambulanter Pflegedienste verwendet werden.