Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, warnt vor den gesellschaftlichen Langzeitfolgen der Corona-Pandemie. Neben den gesundheitlichen Langzeitfolgen und den wirtschaftlichen Schäden würden die Gesellschaft vor allem die "Verwerfungen, die die Pandemie erzeugt hat" noch intensiv beschäftigen, sagte der in Würzburg lebende Schuster in einer Videobotschaft anlässlich einer Buchpremiere:

"Wir müssen einen genauen Blick auf das werfen, was am Fundament der Demokratie nagt."

Unter Hinweis auf Corona-Proteste wie jüngst in Leipzig, Kassel und Stuttgart sagte Schuster, es verstärke sich der Eindruck, "dass sich die Demos gegen Coronamaßnahmen immer weiter radikalisieren und immer mehr gewaltbereite Demonstranten darunter sind".

Die Netzwerke, die zwischen Coronaleugnern, Impfgegnern und Rechtsradikalen entstanden seien, besorgten ihn zutiefst.

"Müssen Demokratie zurückerobern"

Deshalb gelte es nach der Pandemie nicht nur, sich das alte Leben zurückzuerobern. "In gewisser Weise müssen wir auch die Demokratie zurückerobern", sagte Schuster. Spätestens nach der Bundestagswahl am 26. September wäre in den politischen Institutionen eine selbstkritische Auswertung angebracht. In der Zivilgesellschaft müssten demokratische Werte neu belebt und radikale Kräfte zurückgedrängt werden.

In dem Buch "Fehlender Mindestabstand" beschäftigen sich 40 Autorinnen und Autoren mit den Milieus der Corona-Skeptiker-Szene und den Herausforderungen für die Demokratie. Herausgeber sind die Journalistin Heike Kleffner und der Journalist Matthias Meisner.