Die einen hatten vor dem Treffen öffentlich Forderungen gestellt, die anderen gingen ohne große Erwartungen in die Videoschalte: Am Freitag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rund zwei Stunden mit 96 bayerischen Spitzen-Kommunalpolitikern über die Corona-Lage im Freistaat diskutiert - im Beisein etwa von Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU). Dieser sprach danach von einem konstruktiven und positiven Gespräch. Ganz sicher jedenfalls war es eine Premiere: Es war das erste Mal, dass die Kanzlerin sich zur Pandemie mit kommunalen Vertretern ausgetauscht hat.

Ministerpräsident Söder sagte, in dem Gespräch - an dem auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sowie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) teilgenommen hatten - habe "große Einigkeit" bestanden, Corona trotz sinkender Zahlen nach wie vor Ernst zu nehmen. Man befinde sich in einer "hochsensiblen Phase", man stehe nun vor einer Gratwanderung zwischen bestehenden Sorgen und Wünschen für die Zukunft, sagte Söder: Die Politik suche "keinen schnellen Applaus", sie müsse vielmehr eine belastbare Strategie vorlegen.

Corona-Lage im Freistaat

Am 1. März treffen sich erneut die Regierungschefs von Bund und Ländern, bis dahin hoffe er, dass man noch besser nachvollziehen könne, wie stark sich die Mutationen auf die Infektionszahlen auswirken, erläuterte Söder. Ab dem 3. März soll es dann eine "intelligente Öffnungsmatrix" statt starrem Stufenplan geben. So sollen jene Kommunen, die tagelang den Inzidenzwert von 35 unterschreiten, genehmigte Lockerungen nicht sofort wieder zurücknehmen müssen, nur weil sie zum Beispiel an einem Tag wieder knapp über der Schwelle von 35 liegen, sagte Söder.

Im Gespräch mit den Kommunalpolitikern sei klargeworden, dass die Priorität bei weiteren Öffnungen im Schulbereich liege. Auch private Kontakte sollen wieder ausgeweitet werden, wenn die Infektionszahlen es hergeben. "Keine überstürzten Forderungen" habe es hingegen bei der Öffnung von Handel und Gastronomie gegeben. Es habe auch wichtige Fragen etwa zur Versorgung mit Impfstoffen gegeben. "Wir brauchen ein klares System, wie das zwischen Impfzentren und Hausärzten ablaufen soll", forderte Söder. Die Arztpraxen alleine böten "zu wenig Kapazitäten".

Gewerbesteuer-Ausfall

Bislang keine festen Zusagen seitens des Bundes habe es in dem Gespräch zum Thema Gewerbesteuer-Ausfall gegeben, sagte der Ministerpräsident. Das Thema sei jedoch wichtig, die Kommunen bräuchten für den Neustart nach Corona "die Möglichkeiten des Impulses und der Investitionen". Wenn das Geld wegen fehlender Gewerbesteuereinnahmen vor Ort fehle, könnten die Kommunen nicht nur ihre Pflichtaufgaben schwer erfüllen, sondern könnten auch kein "Konjunkturprogramm vor Ort" aufsetzen. Dieses sei nach der nun fast ein Jahr währenden Pandemie aber nötig.

Regensburgs Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) sagte nach dem Gespräch im Bayerische Rundfunk (BR), sie sei ohne große Erwartungen in das Gespräch gegangen. Sie sei der Kanzlerin dankbar, dass sie sich "vor Ort informiert" habe - und Söder dafür, dass er das Gespräch eingefädelt habe. Es sei nicht zu erwarten gewesen, dass Merkel geplante Lockerungen in dieser Runde bekannt gibt. Sie nehme aus dem Gespräch "die Einigkeit" der Kommunalpolitiker mit, sich nicht gegenseitig mit irgendwelchen Lockerungen überbieten zu wollen.

Corona-Lage in Bayern

Die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 Einwohner war in Bayern zuletzt stark gesunken, sie lag am Freitag laut Robert Koch-Institut bei 54,7 für ganz Bayern, in einzelnen Landkreisen oder Städten noch deutlich darüber oder auch darunter. Die Spanne ist dabei in Bayern besonders groß. Vom bundesweiten Spitzenwert mit nur 7,5 positiv Getesteten in den vergangenen 7 Tagen je 100.000 Einwohner im Landkreis Schweinfurt bis zum schlechtesten Wert in ganz Deutschland im Landkreis Tirschenreuth mit aktuell 319,2.