Auf dem langen Weg zu einer eigenen Dauerausstellung steht die Vertriebenen-Stiftung vor ihrem entscheidenden Jahr. Bis zum Sommer soll die Darstellung der Vertreibung von bis zu 14 Millionen Deutschen aus Ost- und Ostmitteleuropa infolge des Zweiten Weltkriegs eröffnet werden. Ort ist das neu errichtete Dokumentationszentrum am Berliner Anhalter Bahnhof. Das genaue Eröffnungsdatum steht allerdings noch nicht fest.

Der Weg dahin war lange und beschwerlich. Dem Projekt gingen jahrelange Diskussionen über ein "Zentrum gegen Vertreibungen" voraus. Angestoßen hatte es die damalige CDU-Politikerin und Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach. Dies belastete zeitweise auch die deutsch-polnischen Beziehungen.

Neues Dokumentationszentrum in Berlin

2005 verständigt sich schließlich die von SPD und Union getragene Bundesregierung auf ein "sichtbares Zeichen". Ende 2008 beschließt der Bundestag die Gründung einer Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung. Wegen teilweise sehr unterschiedlicher Vorstellungen kommt es in der Folge im 20-köpfigen Stiftungsrat immer wieder zu Auseinandersetzungen.

Dabei geht es nicht nur um die Besetzung des Chefpostens und die Ausrichtung der geplanten Dauerausstellung, sondern auch um die zeitweise fehlende Beteiligung Polens im wissenschaftlichen Beraterkreis. Der Zentralrat der Juden steigt 2010 vorübergehend aus dem Stiftungsrat aus. Grund ist die Berufung zweier des Revisionismus bezichtigten Vertriebenen-Funktionäre. 2012 einigen sich die Gremien schließlich auf ein Konzept für das geplante Dokumentationszentrum.

Mit der einvernehmlichen Verabschiedung im Stiftungsrat und im wissenschaftlichen Beraterkreis sei "die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz auf breiter Grundlage gegeben", betont danach der damalige Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU). Die Fertigstellung des künftigen Sitzes von Dokumentationszentrum und Stiftung als Ort der Dauerausstellung muss dennoch immer wieder verschoben werden.

Flucht, Vertreibung, Versöhnung

Mit Gundula Bavendamm als neuer Direktorin ab April 2016 kehrte dann Ruhe ein. Die Historikerin hatte zuvor das vergleichweise kleine Berliner Alliiertenmuseum geleitet. Ihr Vorgänger in der Vertriebenen-Stiftung, Manfred Kittel, musste Ende 2014 gehen. Zuvor war es zum Bruch mit dem international besetzten Beraterkreis gekommen. Kittels 2015 gewählter Nachfolger, der Düsseldorfer Historiker Winfrid Halder, sagte kurz vor Amtsantritt nach internen Differenzen ab.

In den vergangenen vier Jahren verfiel die Stiftung zumindest nach außen in eine Art Dornröschenschlaf. Schon im Oktober 2016, beim Richtfest für den Stiftungssitz im Erweiterungsbau des Deutschlandhauses am Anhalter Bahnhof forderte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), die Dauerausstellung "etwas nachzujustieren". Grund waren die hohen Flüchtlingszahlen aus Syrien.

Für den Sitz wurde das von 1926 bis 1935 im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtete Deutschlandhaus umgebaut und erweitert. Zwei der vier Gebäudeseiten wurden erhalten. Darin wurde ein moderner Museumskubus integriert. Im Juni 2020 wurde das Gebäude vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung an die Stiftung übergeben. Das Dokumentationszentrum bietet auf 6.000 Quadratmetern Platz für Ausstellungen, Bibliothek, Zeitzeugenarchiv und Bildungsveranstaltungen.

Dauerausstellung

Die Dauerausstellung allein soll auf 1.700 Quadratmetern den Fokus auf politisch, ethnisch und religiös begründete Zwangsmigrationen vor allem im 20. Jahrhundert in Europa und darüber hinaus richten. Schwerpunkt seien Flucht und Vertreibung der Deutschen im und nach dem von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieg, heißt es auf der Homepage:

"Wir verstehen uns als ein Ort historischer Bildung und lebendiger Debatten im Geiste der Versöhnung." In Sichtweite der Vertriebenen-Stiftung liegen zwei weitere wichtige Orte der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus: die Topographie des Terrors und das künftige Exilmuseum.

Dokumentationszentrum

Die Dauerausstellung beleuchtet auf 1.700 Quadratmetern politisch, ethnisch und religiös begründete Zwangsmigrationen vor allem im 20. Jahrhundert in Europa und darüber hinaus. Flucht und Vertreibung der Deutschen im und nach dem von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkrieg bilden dabei den Schwerpunkt der Erzählung. Es geht dabei auch um universelle Fragen: Warum müssen Menschen fliehen oder werden vertrieben? Welche Wege müssen sie gehen? Was bedeutet der Verlust der Heimat? Wie kann ein Neuanfang gelingen?
www.flucht-vertreibung-versoehnung.de
Deutschlandhaus, Stresemannstraße 90, 10963 Berlin