Das 2011 eröffnete Christkindlmuseum im oberbayerischen Siegsdorf zeigt kunstvoll gewickelte Fatschenkinder der Christkindlwallfahrt, wertvolle Klosterarbeiten und zahlreiche Krippen, Andachtskästchen, Gnadenbilder und religiöse Volkskunst aus sechs europäischen Ländern. Unter den rund 1.000 Exponaten der Sammlung befinden sich auch Raritäten wie das Miniatur-Christkindl von einem halben Zentimeter Größe, eine Miniaturkrippe im Hühnerei oder das rätselhafte Logos-Kind aus Elfenbein, das im 17. Jahrhundert im indischen Goa entstanden ist.

Zu verdanken ist die einmalige Schau der Siegsdorferin Rosi Bauer. Vor mehr als 40 Jahren ermutigte eine Ordensoberin die Hobbykünstlerin, religiöse Volkskunst aus Großmutters Zeiten zu restaurieren. Voller Eifer eignete Bauer sich alte Techniken an wie Formenbau, Wachsguss, Paramenten-Stickerei oder verschiedene Klosterarbeiten. In der im Museum ausgestellten "Himmelswerkstatt" geben Maria und Josef, umringt von einer Engelschar, Einblick in die kunstvollen Restaurierungsarbeiten.

Christkindlmuseum Siegsdorf Barockkrippe
Auch eine Barockkrippe mit Figuren, die teilweise aus dem 18.Jahrhundert stammen, ist im Siegsdorfer Christkindlmuseum zu sehen.

Mit einer besonderen Attraktion wartet das Christkindlmuseum seit zwei Jahren auf: zwei großformatige und goldverzierte Krippenbücher zum Aufklappen. In ihnen wird in kindgerechtem Text und mit wunderschönen Kalligrafien die Weihnachtsgeschichte erzählt. Neben dem Text ist die Verkündigungsszene dreidimensional mit Krippenfiguren aus dem 19. Jahrhundert dargestellt.

"Vor der Säkularisation von 1803 gab es 100 Jesuskind-Wallfahrten in Deutschland", sagt Rosi Bauer, "heute sind es nur mehr eine Handvoll." Ihre Exponate sind Gnadenbild-Kopien dieser Wallfahrten, wie sie für die heimische Andacht, für Klöster und Kirchen hergestellt wurden.

Besucher des Christkindlmuseums aus Österreich und Italien

Als Expertin und Sammlerin genießt Rosi Bauer einen hervorragenden Ruf. Busweise kommen Besucher aus Österreich, der Schweiz und Italien, um die Kostbarkeiten und erstklassigen Zeugnisse tiefer Volksfrömmigkeit zu studieren. "Wir haben auch viele evangelische Gäste hier", sagt Bauer, "die sich aktuell für unsere Ausstellung neapolitanischer Krippen interessieren."

Christkindlmuseum Siegsdorf italienisches Fatschenkind
Italienisches "Bambino" aus dem 19. Jahrhundert: Wachsfigur mit Glasaugen.

Ihr besonderes Interesse an den Jesuskind-Wallfahrten entstand vor mehr als zwei Jahrzehnten. Die Ärzte hatten bei ihrer damals zehnjährigen Tochter einen Leukämie-Verdacht geäußert. Ein Schock für Rosi Bauer: "Da habe ich mich im Gebet dem Prager Jesulein anvertraut." Als ihre Tochter nach 14 Tagen aus der Klinik entlassen werden konnte - sie hatte "nur" das Pfeiffersche Drüsenfieber -, war das für die Siegsdorferin wie ein Wunder. In der Folge besuchte sie viele Jesuskind-Wallfahrten in Europa.

Geduldig erklärt Rosi Bauer die Legenden, die sich etwa um das Prager Jesulein, das italienische Santo Bambino oder das bekannteste Christkind Bayerns drehen: das Münchner Augustinerkindl. Das dem Augustinerkloster geschenkte Jesuskind soll 1624 einem Pater beim Wegräumen aus den Händen gefallen sein und sich auf wundervolle Weise selbst wieder zusammengesetzt haben.

Auch an die kleinen Museumsbesucher ist im Museum der vielen Christkindl gedacht: Ein Briefkasten schluckt geduldig alle Wunschzettel ans himmlische Kind.

Ausflugs-Tipp

Christkindlmuseum Siegsdorf

Das Siegsdorfer Christkindlmuseum (Auenstr. 2) ist in den Weihnachtsferien bis 6. Januar täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet; vom 7. Januar bis 24. März mittwochs und sonntags von 10 bis 17 Uhr. Heiligabend und Silvester geschlossen.

Ansonsten entsprechen die Öffnungszeiten dem Naturkundemuseum (www.museum-siegsdorf.de). Führungen durchs Christkindlmuseum jederzeit möglich. Anmeldung unter Tel. (0 86 62) 72 01.