Eine Krippe, die an Weihnachten erinnert, auf der Weltausstellung zum Reformationssommer – wie passt das zusammen?
Ohne das Weihnachtsgeschehen gäbe es keinen Glauben und ohne Glauben keine Reformation. Bei dem Jubiläum geht es stark um die christliche Geschichte. Und die zeige ich anhand der Krippe wie auf einem Zeitstrahl.
Vor drei Jahren haben Sie die Krippe aus 2.014 Kanthölzern gebaut, wobei jedes Stück Kiefer für ein Jahr seit Jesu Geburt stand.
Und mit jedem Jahr kommt ein weiteres Kantholz hinzu. Wenn man an der Krippe entlangläuft, ist es ein Erleben von sonst abstrakten Zahlen wie dem Jahr des Konzils von Nicäa oder der Zeit als die Paulusbriefe geschrieben wurden. Viele bekannte Ereignisse sind plötzlich in eine Dimension eingeordnet. Und ich selbst kann mich bei meinem Geburtsjahr aufstellen und die Relation erleben: Wie lange gibt es das Christentum schon, wann begann die Reformation und wie lange lebe ich?
Werden Sie vor Ort sein, um den Besuchern zu zeigen, was es an der Krippe zu entdecken gibt?
Wenn sich jemand fragt "Was soll der Bretterzaun da hinten und wieso stellt man eine Krippe im Sommer auf?", dann stehen im Bayerischen Garten Ehrenamtliche bereit. Sie geben den Gästen nicht nur Auskunft, sondern auch erlebnispädagogische Impulse. Kinder erleben die Krippe dann zum Beispiel, indem sie mit einem Band markieren, wann sie ihre beste Freundin kennengelernt haben oder wann der kleine Bruder geboren ist.
Und wie lautet die christliche Botschaft?
Wie Tiere zur Futterkrippe gehen und Heu aus ihr herausziehen, so soll diese Krippe ein Ort für uns Menschen sein, der an die Geburt Jesu erinnert und uns mit geistlichem Futter versorgt. Weihnachten wird oft mit einem kleinen Jesulein in Verbindung gebracht und nicht als große Sache wahrgenommen. Meine Krippe, die mit mehr als 80 Metern die längste der Welt ist, möchte der immensen Bedeutung des Weihnachtsfestes Ausdruck verleihen und ein Ort sein, an dem wir unseren Glauben erneuern und vertiefen. Denn sie konfrontiert uns mit der täglichen Frage: Was nützt es, wenn Jesus geboren ist, aber nicht in uns?
"Wir fassen keinen anderen Gott als den, der in jedem Menschen ist, der vom Himmel kam. Ich fange bei der Krippe an." (Martin Luther)
Im Advent 2014 stellten Sie die Krippe zum ersten Mal in Marktredwitz auf. Wenige Wochen zuvor hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Vorbereitung auf das 500. Reformationsjubiläum 2017 das Themenjahr "Bild und Bibel" eingeläutet.
Mit Bildern zu sprechen ist für mich die zutiefst zum Reformationsjubiläum passende Kommunikationsart. Denn zur Zeit Martin Luthers konnten die meisten Menschen ja gar nicht lesen. Dass sich die Reformation so schnell verbreitet hat, ist den Flugschriften und Bildern zu verdanken. In der heutigen Zeit brauchen wir jedoch eine Renaissance der christlichen Bilder, sonst erreichen wir die vielen Menschen nicht, die über mobile Endgeräte kommunizieren.
Wie stellen Sie sich diese Renaissance vor?
Die Reformationsbewegung fand auf der Straße statt. Genau dort – außerhalb der Kirchen – brauchen wir christliche Erlebnisräume. Über die Jahrhunderte hinweg ist moderne Kirchenmusik entstanden, auch Gottesdienstformen entwickelten sich weiter. Aber was wir unter dem Titel "Kunst und Kirche" zu sehen bekommen, ist meist elitär und kryptisch. Mir geht es darum, eine Aussage so einfach zu fassen, dass alle Menschen damit erreicht werden können. Auch die junge Generation, deren Kommunikationsweise im 21. Jahrhundert auf Bildern und kurzen Texten basiert. Was ich versuche zu vermitteln ist visuelle Kommunikation des christlichen Glaubens, sozusagen eine Predigt für das Auge.
Link-Tipp
Mehr von und über Martin Buchard auf www.atelier-burchard.de.