Es ist still an diesem kalten Freitagabend in Garmisch am Fuße der Zugspitze. Nur ein paar Laternen spenden Licht für die 35 Teilnehmer an der historischen Führung "Hexen und Heilige". Drei Frauen sind es, die hier an ihre Geschlechtsgenossinnen erinnern, die dem Hexenwahn im 16. Jahrhundert zum Opfer fielen. Die Gästeführerinnen Monika Tischer, Jutta Straßenmeyer und Christiane Schupp lesen abwechselnd vor: "Schlamp, Elisabeth, Garmisch, lebendig verbrannt am ersten Malefizrechtstag 5.2.1590; Sailer, Barbara, Mittenwald, erwürgt und dann verbrannt; Windegger, Anna, Partenkirchen, lebendig verbrannt".

50 Frauen und ein Mann wurden von 1589 bis 1591 Opfer des Hexenwahns in der Grafschaft Werdenfels, die zu Freising gehörte. Es gab sieben "Malefizrechtstage", an denen die vermeintlichen Hexen hingerichtet wurden. Insgesamt 127 Menschen beschuldigte man der Hexerei. "An die Opfer wollen wir erinnern", sagt Jutta Straßenmeyer. Aberglaube, Neid, Denunziation, Einflüsse der Natur wie eine kleine Eiszeit und Missernten nennt sie als Ursachen für die Hexenjagd.

Hexenverfolgung aus Aberglauben

Eine Geschichte steht exemplarisch dafür, wie schnell man damals auf dem Scheiterhaufen landete: Der Eibseefischer Hans Ostler litt unter den Wilderern aus dem benachbarten Tirol. Seinen Ärger projizierte er auf die Tirolerin Ursula Klöck, die mit ihrem Mann in Obergrainau lebte. Der drängte seine Frau, sich mit dem Fischer auszusprechen. Ostler hatte derweil abergläubische Ratschläge erhalten: Er solle ein Glas Wasser solange kochen, bis das Gefäß zerspränge – wer danach als Erstes zu ihm käme, sei schuld an seinem Unglück. Als Ursula Klöck zur Aussprache beim Fischer eintraf, war dessen Wasserglas gerade zerplatzt – und ihr Schicksal als Hexe besiegelt.

Die Hexenverfolgung war der Gipfel eines tiefen Aberglaubens, der den ganzen Alltag der Menschen bestimmte. "Mit magischen Zeichen, Amuletten und Kräutern hat man versucht, das Böse abzuwenden", erzählt Monika Tischer den Teilnehmern. Aus einer Mappe zieht sie einen Papierbogen "Schluckzettel zum Gesundwerden". Abgebildet sind Heilige, aber auch Bibelverse. Die quadratischen kleinen Bildchen wurden abgeschnitten, im Brot mitgebacken und gegessen. "Auch dem Vieh gab man sie zu fressen, wenn es krank war."

Tiere als Glücksbringer und Unglücksbringer

Verschiedene Symbole, die dem Aberglauben nach Glück oder Unglück verheißen, werden gezeigt. Der "Kreuzschnabel" soll Glück ins Haus bringen und Krankheiten heilen. "Die Schlange galt als Unglücksbote und Instrument des Teufels", sagt die Gästeführerin. "Zur Zeit der Hexenverfolgung glaubte man, dass sich die Hexen in schwarze Katzen verwandeln, um ihr Unwesen zu treiben." Eine geweihte Wetterkerze sollte Hof und Menschen schützen.

Der Garmischer Geschichts-Spaziergang führt weiter zur Alten Kirche St. Martin. Der 3,60 Meter große heilige Christophorus blickt freundlich von der Nordwestseite auf die Besucher. Man habe ihn deshalb so groß gemalt, weil man im Mittelalter glaubte, sein Anblick verhindere den "jähen Tod", erklärt Jutta Straßenmeyer. Sie weist auf den Altarraum hin. Dort sind drei Märtyrerinnen an den Wänden abgebildet: Die heilige Afra, Patronin der Prostituierten, der Heilkräuter und bei Feuersnot. die heilige Agnes, Patronin der Jungfrauen, Kinder und Gärtner sowie die heilige Apollonia, Patronin gegen Zahnschmerzen. "Alle drei Frauen wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt", sagt Christiane Schupp.

Die Führung endet in einem Felsenkeller aus dem 17. Jahrhundert. Jutta Straßenmeyer liest aus dem Vorwort von Fritz Kuisls Buch "Die Hexen von Werdenfels": "Die Verfolgung Einzelner, Gruppen oder auch Völker hat bis heute nicht aufgehört." Ihre Kollegin Christiane Schupp ergänzt: "Wir würden uns wünschen, dass eine Erinnerungstafel an diese Zeit aufgestellt wird."