Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) hilft, den Quali zu bestehen - falls der Schulabschluss an sozialen Problemen zu scheitern droht. JaS-ler sind Ansprechpartner*innen bei Stress in der Familie. Oder bei Mobbing. Sie gelten heute als unverzichtbar. Allerdings scheint der Bedarf in Bayern längst nicht gedeckt. Zum einen bereitet die Förderpraxis Probleme. Zudem ist es schwierig geworden, offene Stellen zu besetzen: Der Fachkräftemangel hat längst auch die JaS erreicht.

Kein Kind, propagieren Bayerns Politiker seit Jahren, darf verloren gehen. Doch mit Blick auf JaS scheint der Satz nicht so richtig zu gelten. Laut Peter Kracklauer vom Kreisjugendring (KJR) Eichstätt müssen Kommunen, die einen JaS-Bedarf erkennen, warten, bis die gewünschten Stellen genehmigt sind. Viele Gemeinden wollen den Kindern sofort helfen. Und stellen eine Fachkraft ein: "Die müssen sie dann für immer aus eigener Tasche zahlen." Eine nachträgliche Förderung ist nicht möglich.

Corona hat den Bedarf nach Jugendsozialarbeit an Schulen in die Höhe getrieben

Gerade durch die Corona-Krise gewinnt JaS an Relevanz. "Bei uns im Landkreis haben wir Schulen, wo es richtig brennt", sagt Kracklauer. Der KJR-Geschäftsführer weiß von Schüler*innen, die Ende letzten Schuljahres mit Suizid gedroht haben. Auch Verhaltensauffälligkeiten in Schulen nehmen zu. Viel mehr JaS-ler wären nötig. Aktuell sind beim Kreisjugendring Eichstätt fünf Fachkräfte angestellt. Der KJR hat die Genehmigung, sechs weitere Stellen zu besetzen:

"Doch wir finden kein Personal."

Nach Corona müssten Schüler*innen nicht nur Lernstoff nachholen, es drohten auch soziale Defizite, sagt Christof Reißenweber von der Evangelischen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe in Würzburg, der für die JaS im Kreis Main-Spessart zuständig ist: "Manche Kinder hatten sozusagen eineinhalb Jahre Ferien." Etliche Kinder und Jugendliche nahmen allenfalls sporadisch am Online-Unterricht teil. Einige verbrachten viel Zeit vor dem Fernseher. Noch sei nicht absehbar, was das alles für Folgen hat.

"Jede Schule hat Bedarf nach Jugendsozialarbeit"

Viele Kinder - ob arm, ob reich - benötigen heute Hilfe. Doch in Bayern werde JaS als Programm für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche verstanden, sagt Kracklauer: "In den Konzepten, die wir bei der Regierung für neue JaS-Stellen einreichen, muss oft 'soziale Benachteiligung' vorkommen, sonst wird das moniert." Laut KJR ist der strenge Fokus auf sozialräumliche Kriterien schwierig. "Jede Schule hat Bedarf nach Jugendsozialarbeit", unterstreicht KJR-Vorsitzender Manfred Muthig.

Vorschriften, wie JaS konkret ausgestaltet werden muss, gibt es nicht. Wert wird aber darauf gelegt, dass die Einzelberatung gegenüber der Projektarbeit überwiegt. Eine Vorschrift allerdings existiert, die aus Sicht des KJR Eichstätt problematisch ist. "Wir dürfen nur Sozialpädagogen mit mindestens dreijähriger Berufserfahrung einstellen", schildert Kracklauer. Trotz massiven Fachkräftemangels müssten deshalb auch gut geeignete Bewerber*innen anderer Professionen abgelehnt werden.

Landkreis München als Vorreiter in Jugendsozialarbeit an Schulen

JaS ist inzwischen im Maßnahmenplan vieler bayerischer Jugendämter enthalten. Zu den Vorreitern im Freistaat gehört der Landkreis München. Bereits seit 2006 gibt es dort ein JaS-Rahmenkonzept, inzwischen gibt es im Kreis rund 100 JaS-Vollzeitstellen an 83 Schulen. Gesamtkosten pro Jahr rund 3,7 Millionen Euro, sagt Pressesprecherin Christina Walzner. Mittel vom Freistaat gibt es nicht:

"Wir sind durch vorzeitigen Maßnahmenbeginn von der staatlichen Förderung ausgeschlossen."

Sowohl Schule als auch Kinder- und Jugendhilfe haben einen Erziehungs- und Bildungsauftrag. Im Kreis München versteht man JaS als "Jugendarbeit zur Förderung der Entwicklung junger Menschen" - so die Bezeichnung des Angebots laut achten Sozialgesetzbuch. Dort werden also auch nicht bloß sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche unterstützt. Das Konzept des Landkreises erlaubt es zum Beispiel, präventive Gruppenangebote für Kinder direkt in der Schule anzubieten, sagt Walzner.

Alleine die Trennung der Eltern kann bei Kindern zig Probleme auslösen, die ohne Beratung und Begleitung kaum zu bewältigen ist. Kinder aus wohlsituierten Elternhäusern leiden darunter genauso wie Kinder aus benachteiligten Familien. "Das gilt auch für Mobbing", sagt Reißenweber. Er und seine Kollegen sind im Kreis Main-Spessart an Mittel- und Grundschulen, an einem Förderzentrum sowie an einer Berufsschule aktiv: "Leider haben wir bisher noch keine Realschule und kein Gymnasium."