Mit einer zehnminütigen Verspätung beginnt am Mittwoch um 9:40 Uhr der ökumenische Gottesdienst im Marstall-Zelt, der sowohl für Schausteller*innen und Wirte, als auch für so manche Besucher ein fester Bestandteil der Wiesn darstellt. Auch ein Polizist sitzt in Uniform in den Reihen der Gläubigen. Schon seit 1956 wird bei diesem Gottesdienst für eine friedliche Wiesn gebetet.

Auf der Bühne, die wie ein großes Karussell geschmückt ist, wurde der Altar aufgebaut, links dahinter auf dem Balkon wurde der Chor positioniert und rechts davon die Orgel.

Die Taufzeremonie

Begonnen wird, wie auch in den vergangenen Jahren, mit der Taufe eines Schaustellerkindes, dieses Jahr mit dem Namen Manfred Marcelino Wimmer. Pfarrer Sasha Ellinghaus, Leiter der katholischen Circus- und Schaustellerseelsorge der deutschen Bischofskonferenz, gibt ihm den Segen.

Ellinghaus ist hauptverantwortlich für diesen Gottesdienst, sein evangelischer Kollege Pfarrer Torsten Heinrich steht ihm zur Seite. Nach der Taufe wird es ein paar Momente still, bis schließlich die Drehorgel zu spielen beginnt und die Gruppe der Gottesdienstgestalter feierlich einzieht.

Pfarrer Sasha Ellinghaus ist nun, wie auch weitere katholische Kollegen, in grün, weiß und gold gekleidet.

taufkerze wird entzündet am Wiesngottesdienst
Die Taufkerze wird angezündet im Wiesngottesdienst 2024

Die Predigt

Schon in einem kurzen Gespräch vor Beginn des Gottesdienstes betonte Pfarrer Ellinghaus das Wort "traditionell", als er darüber sprach, was am Münchner Oktoberfest besonders sei – und auf diesen Begriff stützt sich auch seine Predigt.

"Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme", predigt Ellinghaus.

Mehrfach betont der katholische Pfarrer dieses verbreitete Zitat und setzt es nicht nur in Verbindung mit der Weiterentwicklung des Oktoberfests, sondern auch mit dem gelesenen Evangelium (Lk 9, 1-6), in dem die Jünger aufgefordert werden, die Tradition des Glaubens in die Welt hinauszutragen und zu bewahren.

"Stillstand ist der Tod der Tradition", betont Pfarrer Ellinghaus und zitiert zusätzlich Sören Kierkegaard: "Wer den Zeitgeist heiratet, ist morgen schon verwitwet".

Gleichzeitig aber predigt er vom "rechten Maß" und, dass die "Ehrlichkeit der Dinge" in der Mitte aufzufinden sei. In der Mitte von Tradition und Innovation.

Der kurze Auftritt des evangelischen Pfarrers

Auf der Empore, umgeben von katholischen Pfarrern und Messdienern steht während des ganzen Gottesdienstes Pfarrer Torsten Heinrich, Leiter der Evangelischen Circus- und Schaustellerseelsorge. Nach dem Schaustellergebet, das traditionell im Wiesngottesdienst gebetet wird, richtet er kurze, aber eindrucksstarke Worte an die Gemeinde.

Auch er beruft sich auf eine Tradition, auf den Wunsch nach einer friedlichen Wiesn, der stets nach dem berühmten "o'zapft is" folgt. Er zitiert kurz und knapp "Dem da!" von Erich Fried.

Er zählt negative Assoziationen zu Fremden auf, wie "der mich nichts angeht", "dem ich nicht vertraue", und "der noch was erleben kann" und endet mit:

"Dem da, wünsche ich Frieden!"

Applaus folgt auf diesem Ausspruch und danach die Dankesworte, der Schlusssegen und die bayerische Nationalhymne.

Drehorgel im Wiesngottesdienst
Herr Lesser spielt nach der Taufe ein Lied auf der Drehorgel

Die musikalische Begleitung

Eingerahmt wird der gesamte Gottesdienst durch Musik. Das Gospel Quartett "Gospel´n´Soul" unter der Leitung von Svenja Ekigho präsentiert Darbietungen wie "Lift up your voices", "Lean on me" und auch den Klassiker "O happy day" bei der Kommunion.

Die Orgel zur Begleitung der Stücke, die von der Gemeinde gesungen werden, spielt der stellvertretende Kirchenmusikdirektor Bernhard Brosch, eine traditionelle Drehorgel ergänzt sein Spiel.

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