Für gute Stimmung dürfte gesorgt sein. Das signalisiert schon der Name der Musikgruppe, die bei dem Empfang spielen wird: "Gut drauf" heißt die Pfarrerband aus dem Donau-Ries. Sie ist mit dabei, wenn der evangelische Kirchenkreis Augsburg und Schwaben am 1. Juli sein 50-jähriges Bestehen feiert. Wegen der Corona-Pandemie findet der Empfang digital statt. Die Musikstücke der rockenden Pfarrer werden per Video eingespielt. Sie dürften aber auch so für Unterhaltung sorgen.
Im Juli 1971 trat Walter Rupprecht sein Amt als erster "Kreisdekan" des neu geschaffenen Kirchenkreises an. Zuvor hatte man fast ein Jahrzehnt darüber diskutiert, ob die schwäbischen Dekanate künftig einen eigenständigen Kirchensprengel bilden sollten. Seit 1921 hatten die "sieben Schwaben" zum Kirchenkreis München gehört (siehe Kasten). Durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene war die Zahl der Evangelischen nach dem Zweiten Weltkrieg jedoch deutlich angestiegen. "Der Münchner Kirchenkreis war zu groß geworden", sagt Axel Piper, der heute dem schwäbischen Kirchenkreis vorsteht – als "Regionalbischof". Die Bezeichung löste Ende der 1990er-Jahre den Begriff "Kreisdekan" ab.
Kirchenkreis Augsburg hat eine lange protestantische Geschichte
Die Gründung eines eigenständigen Kirchenkreises habe aber "auch inhaltlich Sinn gemacht", sagt Piper, der in Lindau zur Schule gegangen ist: Das Schwäbische habe eine eigene Mentalität – und eine lange protestantische Geschichte. So gebe es "den stolzen Protestantismus der ehemaligen freien Reichsstädte" wie Augsburg, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Nördlingen oder Memmingen. Auch viele Orte im Donau-Ries und im Dekanat Neu-Ulm hätten eine lange protestantische Tradition. Nach der evangelischen Kirche müsse man dort nicht lange suchen, so Piper: "Sie ist oft das Wahrzeichen des Ortes."
Die Geschichte der Evangelischen in Schwaben reicht bis in die Reformation zurück. So verteidigte Martin Luther im Jahr 1518 auf dem Augsburger Reichstag seine 95 Thesen. Die 1525 in Memmingen entstandenen Zwölf Bauernartikel gelten als eine der ersten schriftlichen Forderungen nach Menschen- und Freiheitsrechten in Europa. Und die 1530 in Augsburg vorgelegte "Confessio Augustana" ist bis heute das zentrale Bekenntnis für die lutherischen Gemeinden weltweit.
Frage für die Gemeinden lautet: Wie gehen sie mit dem Wandel um?
Neben dem traditionellen schwäbischen Protestantismus gibt es aber auch viele evangelische Gemeinden, die erst zu Beginn und im Laufe des 20. Jahrhunderts entstanden sind, etwa im Allgäu. Diese Vielfalt zeichne den Kirchenkreis heute aus, sagt Axel Piper. Dabei müssten sowohl die traditionsreichen wie auch die jüngeren unter den knapp 160 evangelischen Gemeinden die Frage beantworten: "Wie gehen wir mit den Wandel um?". Dazu gehöre es etwa, den Rückgang der Zahl der Kirchenmitglieder zu verkraften – aber auch, dass es in den nächsten Jahren deutlich weniger Pfarrerinnen und Pfarrer geben wird.
Der Kirchenkreis sei bei diesen Veränderungen "auf einem guten Weg", sagt der Regionalbischof. Ein Beispiel sei die enge Zusammenarbeit der drei Donau-Rieser Dekanate Donauwörth, Nördlingen und Oettingen. "So etwas hätte es früher nicht gegeben", sagt Piper. Auch künftig werde man stärker kooperieren müssen: "Das bleibt keinem erspart. Ich sehe aber auch viel Bereitschaft dafür." Piper selbst will den Wandel mitgestalten, indem er helfe, Dekanate und Gemeinden zu vernetzen und den Austausch untereinander zu stärken. Eines sei ihm dabei für die Zukunft wichtig:
"Dass wir unser Augenmerk auch auf die richten, die mit ihrer Kirche hadern oder nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen. Das ist unser Auftrag."
Sieben Schwaben
Im Kirchenkreis Augsburg und Schwaben gab es zum 1. Januar 2021 etwa 258.500 evangelisch-lutherische Christen. Sie verteilen sich auf 156 Kirchengemeinden. Der Kirchenkreis teilt sich in sieben Dekanate auf. Das größte ist Augsburg (86.200 Gemeindemitglieder), dann folgen Kempten (60.700), Neu-Ulm (50.200), Memmingen (29.400), Nördlingen (14.500), Donauwörth (12.100) und Oettingen (5400). Kirchenkreise gibt es in Bayern seit 1921. Zunächst waren es Ansbach (später mit Würzburg), Bayreuth und München. Danach kamen Nürnberg (im Jahr 1935), Regensburg (1951) und schließlich Augsburg (1971) dazu.