Motor der Umweltbewegung in der knapp 3.000 Mitglieder starken Gemeinde ist die Biologin Birgitt Salamon. Seit sie 2006 in den Kirchenvorstand gewählt wurde, hat sie das Thema angeschoben. Grünes Licht für den Gockel gab das Gremium 2013 und genehmigte der promovierten Naturwissenschaftlerin die Ausbildung zur Umweltauditorin. Dann nahm die Gemeinde das umfangreiche Umweltmanagementsystem EMAS in Angriff. "Viele Einzelaktivitäten, die es bei uns schon gab, sollten in ein Gesamtsystem eingefügt werden", berichtet Salamon.

Zum Grünen Gockel gehört in der Startphase viel Arbeit mit Zahlen. Heizung, Strom, Wasser, Abfall, Lärm, Verkehr, Büromaterialien – ein gutes Dutzend umfangreicher Checklisten muss ausgefüllt werden, um Kennzahlen über Energieverbrauch und Raumnutzung zu erhalten.

Wichtige Datenbasis als Grundlage für Umweltengagement

Manche Gemeinden ließen sich davon abschrecken, weiß Wolfgang Schürger, Umweltbeauftragter der bayerischen Landeskirche. Aber die Datenbasis sei nötig, "damit wir wissen, wo unser Engagement auch wirklich Wirkung entfaltet", so der Umweltpfarrer. Seiner Erfahrung nach "ist der Gockel ansteckend": Wo es zertifizierte Gemeinden gebe, bekämen Nachbargemeinden oft Lust, das Siegel ebenfalls in Angriff zu nehmen.

Das mittlerweile vierköpfige Umweltteam der Gethsemanekirche jedenfalls kann jetzt präzise Auskunft geben über Ressourcenverbrauch und Einsparungen: "Unsere Nutzungsstunden haben im Jahr 2017 um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen – die CO2 Emission hat sich jedoch von 26,5 auf 18,3 Kilo pro Nutzungsstunde verringert", sagt Birgitt Salamon.

Ganz konkrete Ergebnisse zeigen, was die EMAS-Zertifizierung der Gemeinde gebracht hat: Lebensmittel werden nur noch bio und regional eingekauft, zwei Kühlschränke werden nur zu großen Veranstaltungen in Betrieb genommen. Wertstoffe werden getrennt gesammelt, im Pfarramt gibt es nur noch Umweltschutzpapier, Küchen- und Gartenabfälle kommen in die Biotonne. Alte Energiesparlampen wurden sukzessive durch LEDs ersetzt, der Pfarrgarten mit insektenfreundlichen Stauden bepflanzt, Nistkästen locken Kohlmeisen und Fledermäuse an.

Monatlicher Umwelttipp für den Alltage

Interessierte Gemeindemitglieder lernen durch Salamons "Umwelttipp des Monats" immer wieder Neues dazu. Ob umweltfreundliche Streumittel im Winter, Bienenwachstücher statt Frischhaltefolie oder die Wahl der richtigen Sonnencreme – die Kurztexte sind informativ, nicht belehrend und unterhaltsam geschrieben. "Der Tipp erreicht viele Leute", sagt die Umweltexpertin.

Insgesamt sei die Resonanz auf den Grünen Gockel sehr gut. Um das Siegel zu stemmen, müsse man sich tatkräftige Mitstreiter ins Boot holen. "Das muss nicht nur das Umweltteam sein", sagt Salamon. Sie sei dadurch schon auf viele "ungeahnte Perlen" getroffen – Gemeindeaufbau als Nebeneffekt der Umweltarbeit.

"Kirchen haben Vorbildfunktion auch beim Umweltschutz"

Salamons Fazit für die Gethsemanekirche nach gut einem Jahr als Gockel-Gemeinde: "Ich würde es immer wieder tun." Kirche habe nun mal Vorbildfunktion und könne durch das Umwelt-Siegel zum Leuchtturm für die Bewahrung der Schöpfung werden – ob es nun ums Energiesparen, um Artenschutz oder um ein anderes Einkaufsverhalten gehe.

Das Erreichte ist für Birgitt Salamon aber kein Grund, sich zurückzulehnen. Im März hält sie einen Vortrag über Wildbienen, ein Lastenfahrrad zum Ausleihen für Gemeindemitglieder fände sie schön. Und das Thema Fotovoltaikanlage steht, nach zehnjähriger Pause, nun wieder auf der Agenda des Umweltteams.

Zum Volksbegehren Artenvielfalt, das noch bis 13. Februar läuft, gibt es keine Extra-Aktionen. Durch ihre vielen Maßnahmen habe die Gemeinde das Thema bekannt gemacht. Salamon ist mit Blick aufs Volksbegehren optimistisch: "Ich hoffe, dass sich unsere Gemeindeglieder mündig mit diesem Thema auseinandersetzen."