Das Zwei-Jahres-Thema der Umweltarbeit in der bayerischen Landeskirche lautet "Gottes Vielfalt – Lebensraum für alle Geschöpfe". Deshalb unterstützt Umweltpfarrer Wolfgang Schürger das Volksbegehren "Rettet die Bienen!". Ein Gespräch über Trittsteine, Heizungskeller und Symbolpolitik.

Herr Schürger, Was ist das Ziel des Zwei-Jahres-Themas?

Wolfgang Schürger: Der Schutz der Artenvielfalt ist ein Klassiker der kirchlichen Umweltarbeit, weil er Gottes Schöpfung bewusst macht. Außerdem kann man dabei schnell viel umsetzen: Eine Blühwiese anlegen, mit den Konfis Nistkästen bauen. Das sind nur kleine Maßnahmen, aber sie sind für manche Arten wichtige Trittsteine: Schmetterlinge brauchen zum Überleben keine durchgehende Blumenwiese. Ein paar Brennessel-Flecken hier und dort reichen aus, damit sie Nektar und Platz für die Eiablage finden.

Was kann man für Artenvielfalt tun?

Wolfgang Schürger: Als Gemeinde kann ich vor dem Pfarramt eine Blühwiese anlegen, das regt Passanten zur Nachahmung an. Landwirte können einen Ackerlandstreifen stehen lassen und die Fruchtfolge auf ihren Feldern einhalten. Dadurch haben sie aber einen Ertragsausfall – deshalb müssten Verbraucher bereit sein, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben. Deutschland ist da immer noch Schlusslicht. Kommunen sollten mit Flächen sorgfältig umgehen: Muss es der Supermarkt auf der grünen Wiese sein, oder gibt es Konzepte für den Umbau bestehender Gebäude im Ortskern? Privatleute könnten im Garten und auf dem Balkon auf exotische Pflanzen verzichten. Heimische Pflanzen blühen auch schön und bieten obendrein Nektar für Insekten. Tipps dazu gibt es in unserer Arbeitshilfe "Lebensraum Friedhof".

Empfehlen Sie den bayerischen Protestanten, sich am Volksbegehren zur Artenvielfalt zu beteiligen?

Wolfgang Schürger: Ein Volksbegehren ist ein wichtiger Schritt zur direkten Demokratie. Ich finde es gut, wenn sich freie Christenmenschen daran beteiligen – gerade in einer Zeit, wo demokratische Strukturen in Frage gestellt werden. Außerdem läuft das Volksbegehren inhaltlich parallel zu unserer Umweltarbeit. Durch seine detaillierten Gesetzesvorschläge gibt es klare Handlungsanweisungen. Das finde ich richtig, denn Umweltschutz muss konkret sein, damit er etwas bewirkt.

Noch umfangreicher als das Zwei-Jahres-Thema ist das integrierte Klimakonzept, über das die Landessynode Ende März in Lindau abstimmt. Worum geht es dabei?

Wolfgang Schürger: Das Konzept will die Landeskirche als Gesamtorganisation noch zielstrebiger beim Klimaschutz voranbringen. Ein wichtiger Punkt ist die Datengrundlage: Viele Gemeinden wissen zwar, wieviel Geld sie für Strom ausgeben, aber nicht, wie viele Kilowattstunden das sind. Das soll Verwaltungsroutine werden, denn nur wenn ich meinen Verbrauch kenne und beurteilen kann, werde ich ihn auch effizient reduzieren.

Viele Maßnahmen im Konzept beziehen sich auf die Energie-Effizienz von Gebäuden. Ist das für Gemeinden der größte Brocken?

Wolfgang Schürger: Die CO2-Emissionen der Landeskirche kommen zu 89 Prozent aus den Gebäuden und zu 11 Prozent aus der Mobilität. Der größte Klimasünder ist das leerstehende Gebäude, das trotzdem beheizt wird. Deshalb ist das Immobilienmanagement ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Drei Faktoren helfen, die Emissionen von Gebäuden zu senken. Das Nutzerverhalten: Wie gehe ich mit Licht und Heizung um? Dann die Steuerung über einen Belegungsplan: Müssen am gleichen Tag drei Gruppen drei unterschiedliche Räume nutzen? Und schließlich die Gebäudetechnik: Schon ein Heizungspumpentausch bringt oft erhebliche Einsparungen und kostet nur etwa 600 Euro.

Thema Mobilität: Was ist mit den viel gescholtenen Dienstwägen?

Wolfgang Schürger: Das Bischofsauto ist bloß ein plakatives Symbol. Unsere Analysen haben gezeigt, dass der Fuhrpark im Landeskirchenamt bei den Emissionen vernachlässigt werden kann. Den meisten Ausstoß verursachen die dienstlich genutzten Privatautos von Pfarrerinnen, Pfarrern und Religionspädagogen – denn die sind am meisten unterwegs. Wenn wir erreichen, dass sich die Kollegen im Gemeindedienst umweltfreundliche Autos zulegen, ist viel gewonnen.

Seit zehn Jahren gibt es in Bayern das kirchliche Umweltmanagementsystem EMAS, auch Grüner Gockel genannt. Von 1500 Gemeinden haben es bislang 130 durchlaufen. Warum sind es nicht mehr?

Wolfgang Schürger: Ob eine Gemeinde neben den vielen Prozessen – Immobilienmanagement, PuK – auch noch den Grünen Gockel anpackt, ist eine Frage der Kapazität. Manche haben auch Angst, dass sie dann nur noch im Heizungskeller beim Zähler ablesen sind. Tatsächlich ist zu Beginn viel Datenerfassung nötig. Andererseits gewinnen Gockel-Gemeinden auch viel: Pro Gemeinde liegt das Einsparpotential im Jahr durchschnittlich bei 4000 Euro. Dennoch überlegen wir, ob wir als "Einsteigermodell" das englische Konzept der "Green Church" anbieten, bei dem Gemeinden nur eine Checkliste abarbeiten müssen. Das macht vielleicht manchem Lust auf mehr.