Er beherrscht nicht nur die hiesige Sprache: Er floh selbst aus seinem Heimatland und versteht die Gefühle der Menschen, die nach ihm nach Deutschland kamen und, zum Beispiel bei Behördengängen, einer fremden, bedrohlichen Welt gegenüberstehen.

Insgesamt vier anerkannte Flüchtlinge beschäftigt die diakonische Flüchtlingssozialarbeit in Würzburg seit letztem Jahr als Integrationshelfer. Die Inspiration für das Projekt, so Flüchtlingssozialarbeiterin Isabell Schätzlein, kam von ehrenamtlichen Helfern. Die machten gute Erfahrung mit dem Einbinden von Geflüchteten, die bereits die ersten Integrationsschritte erfolgreich bewältigt hatten und die Sprache gut beherrschten. Davon erzählten die freiwilligen den diakonischen Flüchtlingsarbeitern.

Geringe Bürokratie

Überall in Deutschland gibt es laut Schätzlein Projekte, in denen sich Migranten für Migranten einsetzen: "Zum Beispiel die Stadtteilmütter in Nürnberg." Dabei handelt es sich um Frauen aus der Türkei, Russland, Iran, Irak und Äthiopien, die benachteiligte Familien mit Migrationshintergrund zu Hause besuchen und ihre Hilfe anbieten. Das Würzburger Projekt unterscheidet sich dadurch, dass die Integrationshelfer direkt ausgesucht wurden: "Außerdem halten wir die Bürokratie niedrig."

Basel Asideh gehört zum vierköpfigen Team der Integrationshelfer. "Ich war bereits in Syrien freiwillig beim Roten Halbmond tätig", erzählt der 29-jährige Therapeut. Nach seiner Flucht engagierte er sich in Deutschland längere Zeit ehrenamtlich bei der Diakonie. In wenigen Tagen wird Asideh einen Flüchtling zur Anhörung begleiten und dort übersetzen. Anhörungen, sagt der Syrer, sind für jeden Flüchtling angstbesetzt: "Ich selbst war damals auch sehr unsicher, ob meine Fluchtgründe anerkannt würden." Basel Asideh weiß also genau, wie sich der Mann fühlt, dem er seine Begleitung angeboten hat.

Missverständnisse werden vermieden

Die Integrationshelfer haben laut Schätzlein Erfahrungen und Kompetenzen, die Flüchtlingssozialarbeiter ohne Fluchthintergrund nicht haben können. Sie wissen zum Beispiel, wie Familien in den jeweiligen Ländern aussehen und wie Familie gelebt wird. Auch kennen sie die Rolle der Lehrer in ihrer Heimat. Die unterscheidet sich oft deutlich von der Lehrerrolle in Deutschland. "In schwierigen Beratungssituationen können die Integrationshelfer durch ihr Wissen und ihre Erfahrungen Missverständnisse vermeiden helfen", so Schätzlein.

Ola Khasara ist die einzige Frau im Quartett. Die 21-Jährige, die mit ihrer Familie vor zwei Jahren ihr Heimatland Syrien verließ, engagiert sich im Gegensatz zu ihren drei männlichen Kollegen auf rein ehrenamtlicher Basis. An jedem Dienstag und Donnerstag ist sie im Einsatz. "Ich selbst hatte anfangs nicht sehr viel Hilfe", berichtet sie. Was den Neustart ziemlich schwierig gemacht hatte. Aus dieser Erfahrung heraus möchte sie Flüchtlinge unterstützen.

Khasara, die ausgezeichnet Deutsch spricht, hatte in Syrien zwei Semester lang Medizin studiert. Im Moment absolviert sie an der Uni einen Deutschkurs, um ihr Medizinstudium in Würzburg fortsetzen zu können. Ihr Engagement in der Diakonie besteht unter anderem darin, Flüchtlinge zum Arzt zu begleiten. Gerade wenn es um die Gesundheit geht, ist es notwendig, dass die Verständigung klappt, damit Therapien greifen.

Eine Stunde Aufwand lohnt sich

Bevor die Integrationshelfer mit ihrer Arbeit begannen, schulte Isabell Schätzlein sie gründlich. "Wir lernten zum Beispiel, wie Asylverfahren in Deutschland ablaufen", erzählt Arash Zehforoush. Auch erfuhren die Integrationshelfer, welche Leistungen Geflüchteten vor und nach ihrer Anerkennung zustehen.

Finanziert werden die geringfügig beschäftigten Integrationshelfer aus Spenden. Außerdem kooperiert die Initiative seit Kurzem mit der Evangelischen Bürgerstiftung. Der Aufwand für die Betreuung der Helfer lohnt sich laut Schätzlein: "Man erklärt ihnen ein Formular für eine Stunde und spart dann viele Stunden, weil die Integrationshelfer mit den Hilfesuchenden viele Formulare selbst ausfüllen können." Je mehr Zeit vergeht, umso selbstständiger agieren die vier. Anfangs dolmetschten sie nur bei Beratungen: "Dabei haben sie noch kaum selbstständig gearbeitet."

Nun helfen sie Formulare ausfüllen oder sortieren Unterlagen von Menschen, die sich an die Flüchtlingssozialarbeit der Diakonie wenden. Auch begleiten die Integrationshelfer die Klienten zu Ämtern oder zum Arzt: "Diese Termine koordinieren sie selber." Dabei tauschen sie sich ständig mit den Fachkräften. Schätzlein: "Dieser Austausch, aber auch regelmäßige Fallbesprechungen dienen als Erfolgskontrolle."