Schüler in Bayern haben bei einer Corona-Inzidenz ab 100 weiterhin Distanzunterricht. Dafür habe man sich angesichts der "viel zu hohen" Infektionszahlen unter jungen Leuten entschieden, sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in München.

Die Staatsregierung behält damit eine schärfere Regelung bei, als es die Corona-Notbremse des Bundes vorsieht, derzufolge Distanzunterricht erst ab einem Inzidenzwert von 165 verpflichtend ist.

Corona-Regeln in Bayern 

Die Ausgangssperre bleibt ab einer 100er-Inzidenz bei 22 Uhr ohne die Möglichkeit, noch bis 24 Uhr spazieren oder joggen zu gehen, wie es die Bundesregelung ermöglicht. Ansonsten sei keine Kontrolle mehr möglich, da dann jeder nach dem Freundesbesuch behaupten könne, er komme gerade vom Spazieren, sagte Söder.

Distanzunterricht in Schulen

In fast allen bayerischen Kommunen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell weiterhin über 100, was bedeutet, dass dort nur die Abschlussschüler und Viertklässler Wechsel- oder Präsenzunterricht haben. "In Kernfragen behalten wir einen strengeren Maßstab bei", sagte Söder. Das Bundesgesetz ermögliche dies.

Allerdings wolle die Staatsregierung sich demnächst mit den Grundschulen über Öffnungen unterhalten. Die SPD-Landtagsfraktion sprach nach dem Kabinettsbeschluss von "Regelchaos".

Sport für Kinder, Ladenöffnungen

In den weiteren Beschlüssen folgte das Kabinett dem Bund. Kinder unter 14 Jahren dürfen bei einer Inzidenz ab 100 maximal zu fünft im Freien kontaktlosen Sport treiben. Ladengeschäfte der körperfernen Dienstleistungen und des Handwerks dürfen unabhängig vom Inzidenzwert wieder öffnen - dazu zählen etwa Fotoläden, Schuhmacher, Schneider, Telekommunikationsgeschäfte oder Autovermietungen.

Auch Gartenmärkte, Blumenfachgeschäfte und Buchhandlungen dürfen inzidenzunabhängig aufmachen, ebenso Zoos und Botanische Gärten. Dabei gelten die Maßnahmen wie Test- und Maskenpflicht weiterhin.

Die beschlossenen Änderungen der 12. bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung treten an diesem Mittwoch (28. April) in Kraft.

Kritik anderer Parteien

Zweifel an der strengen Ausgangssperre äußerte der bayerische Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Es bleibe abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht hier in der kommenden Woche eine "Korrektur" vornehme, sagte er.

Der bayerische SPD-Fraktionschef Horst Arnold kritisierte die Beschlüsse als "Regelchaos" und "Flickwerk ohne Linie". So frage sich etwa, wie die Sportregelung für Kinder genau angewendet werden solle, etwa ob in altersgemischten Gruppen die Älteren "dann nicht mitspielen" dürften.

Das Festhalten an der strengen Ausgangssperre widerspreche zudem "jeglichen Infektionsschutzgründen" und beschneide die Rechte der Bürger "auf nicht hinnehmbare Weise".

Bei der Impf-Freigabe für die ganze Bevölkerung will die Staatsregierung den Bund überholen: Ziel ist laut Söder, in Bayern bereits im Mai die Impfpriorisierung aufzuheben. Der Bund plant dies für Juni.

Impfpriorisierung

Der Impf-Schwerpunkt solle dann auf "Firmen und Familien" liegen, sagte der CSU-Chef. Die jüngste Beschleunigung beim Impfen sei vor allem den Hausärzten zu verdanken, nun sollen auch die Betriebsärzte "rasch integriert" werden.

Die Impfzentren sollen weiterhin impfen, aber in erster Linie in Betrieben und als "Drive-in für jeden, der kommt". Im Juni sollen die Abschlussschüler ein Impfangebot erhalten.

Rechte für Geimpfte

Vollständig Geimpfte sollen nach Söders Willen künftig "mehr Rechte" bekommen. Es gelte, die Menschen bald wieder "in ihre zentralen Grundrechte zurückzuversetzen". Das bedeute etwa, Geimpfte müssten künftig beim Einkaufen keine Tests mehr vorlegen und nach einer Einreise nicht mehr in Quarantäne.

Allerdings hätten sie "keinen Anspruch auf Öffnungen" etwa von Schwimmbädern. Zudem müssten sie die Regeln Maske, Abstand, Hygiene weiter einhalten, da diese keinen Eingriff in die Grundrechte darstellten. Hier gelte es, die Bundesbeschlüsse abzuwarten.