Die Debatte um das Papstamt nimmt wieder einmal Fahrt auf: Der Vorsitzende des Weltkirchenrats, Heinrich Bedford-Strohm, kann sich den Bischof von Rom als Ehrenoberhaupt der Christenheit gut vorstellen. Gerade im Hinblick auf den massiven Orientierungsbedarf brauche es eine solche Stimme, die medial Aufmerksamkeit erreiche.
Diese Begründung erscheint plausibel. Das Christentum verliert auch deshalb an Bedeutung, weil es mit vielen Stimmen spricht. Sollten sich die Protestanten auf den Vorschlag aus Rom einlassen?
Die Debatte verläuft bisher erstaunlich milde. Begonnen hatte sie 1995, als Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika "Ut unum sint" zum "brüderlichen, geduldigen Dialog" über eine andere Art der Ausübung des Petrusdienstes eingeladen hatte.
"Pastoralprimat" - ein chrsitliches "Einheitsamt"
Lutherische Kirchenführer dachten daraufhin über ein christliches "Einheitsamt" nach: ein "Pastoralprimat" anstelle der rechtlichen Oberhoheit, oder wie es der Münchener Theologieprofessor Gunther Wenz formulierte: der "Vorsitz in der Liebe in der universalen Christenheit".
Die Debatte erreichte ihren Höhepunkt, als der damalige Landesbischof Johannes Friedrich im Sonntagsblatt sagte, er könne sich grundsätzlich den Papst als einen ökumenisch akzeptierten "Sprecher der Weltchristenheit" vorstellen. Dass ein lutherischer Bischof aus dem Kernland der Reformation den Papst anerkennen will, fand eine weltweite mediale Resonanz von radio vaticano bis zur "Washington Post".
Die "Bild"-Zeitung widmete dem Vorgang eine Titelgeschichte mit der Überschrift "Lutheraner erkennen Papst an – Reformation beendet!". Friedrich wurde dafür von seinen Amtskollegen heftig kritisiert, am Ende kostete ihn das Statement den angepeilten Ratsvorsitz der EKD.
Besinnung auf das wahre Oberhaupt: Jesus Christus
Das Nachdenken über das Papstamt ist kein Verrat an der Reformation. Bereits Luthers wichtigster Mitarbeiter Philipp Melanchton hatte für die Wahrung der Einheit der Kirche die Anerkennung der Autorität des Papstes in den Raum gestellt.
Damals wie heute gilt jedoch, dass sich das Papstamt in seinem Selbstverständnis grundlegend ändern müsste – und mit ihm die römische Kirche. Denn Protestanten und Katholiken sind nicht in erster Linie durch das Papsttum voneinander getrennt, sondern durch das katholische Verständnis der Kirche als einer hierarchischen und männerdominerten Institution. Auf dem evangelischen Wunschzettel steht ferner die Aufhebung der Exkommunikation Martin Luthers vom 3. Januar 1521.
Wäre dann die Reformation beendet? Nein. Die Reformation ist der fortwährende Auftrag zur Besinnung auf ihr wahres Oberhaupt: Jesus Christus.
Kommentare
Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.
Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.
Anmelden
Aus protestantischer Sicht…
Aus protestantischer Sicht kann es nur eine Antwort geben: Selbstverständlich nicht! Auch wenn Rom aus historischer Sicht eine etwas herausgehobene Bedeutung im Christentum besitzt (man denke nur an die Römerbriefe), so ist dennoch keine Sonderstellung gegenüber anderen Bischöfen gerechtfertigt. Man achte darauf, dass in der Kirchenmusik sehr wohl Jerusalem, Bethlehem, Zion eine Rolle spielen, von Rom aber praktisch nicht die Rede ist. Päpste sind auch anders als bei Paulus gefordert nicht durch Heirat oder besonders aktive und vorbildliche Rolle in der Gemeinde bekannt geworden. Zudem ist ein Oberanführer überhaupt nicht nötig. Den gab es auch bei den Urchristen eher nicht. Solange die RK noch nicht einmal bereit ist die evangelischen Kirchen als solche anzuerkennen, kann ein Papst schlicht nicht für uns sprechen. Er mag ein theologisch gebildeter Mann sein und einer anderen Kirche vorstehen. Das war es dann aber auch. Jeder Versuch in diese Richtung ist als Provokation und unfriedliches Machtgehabe strikt zurück zu weisen. Es gibt auch keinen Grund sich etwas von der katholischen Kirche zu wünschen. Die Einsicht, dass die Reformation nicht umkehrbar ist, muss dort selbst kommen und wenn es nochmals 500 Jahre dauert.
Moin Wollen wir wieder auf…
Moin
Wollen wir wieder auf 50% unserer Gläubigen verzichten? Solange die römisch katholische Kirche Frauen oder sexuell anders ausgerichtete Menschen im Priesteramt nicht akzeptiert, brauchen wir auch keinen Ehrenvorsitzenden Papst. Männer, ich bin selbst ein Mann, diskreminieren Frauen und alle andrere Menschen, die nicht männlich sind, wenn wir den Ehrenvorsitzenden Papst als Lutheraner akzeptieren. Wehret den Anfängen!!
Wir haben uns beim Thema Frauen und sexuell anders orientierte Menschen in unseren ev. Landeskirchen weiterentwickelt. Ich möchte nicht zurück.
Andreas Pohle, Weingartsgreuth