Wario Guyo kann sich an keine Dürre erinnern, die so hart war, wie die aktuelle. Seit August ist er Parlamentsabgeordneter von North Horr im Norden von Kenia. Der an Äthiopien angrenzende Wahlkreis ist der größte des Landes und leidet mit am schlimmsten unter der Trockenheit, die seit mehr als zwei Jahren in der Region herrscht. Allein in Kenia haben etwa vier Millionen Menschen nicht genug zu essen.

Der 49-Jährige ist in einer Hirtenfamilie aufgewachsen. Nach seinem Studium hat er 25 Jahren für humanitäre Organisationen gearbeitet, vor allem in den Gebieten, die derzeit von der Dürre betroffen sind.

"Ohne die Hilfsorganisationen sähe es vor Ort noch viel schlimmer aus", sagt er. Doch eigentlich sei es Aufgabe der Regierung, den Menschen zu helfen.

Aber die macht lieber mit symbolischen Aktionen Schlagzeilen. Anfang Dezember überwiesen die Kabinettsmitglieder ihre November-Gehälter an die Nationale Dürrehilfe. "Ein Tropfen im Ozean", sagt Guyo. Vizepräsident Rigathi Gachagua ruft derweil immer wieder Privatpersonen und Unternehmen zu Spenden auf. Umgerechnet 130 Millionen Euro veranschlagt er für die Hilfe.

Dürre in Kenia

Die Abstände zwischen lange anhaltenden Trockenphasen im Norden Kenias sind in den vergangenen Jahrzehnten immer kürzer geworden. Fachleute machen dafür den Klimawandel verantwortlich. Spätestens seit der verheerenden Dürre von 2011 ist klar, dass die Regierung eine Lösung für die wiederkehrenden Krisen finden muss.

Emmanuel Atamba von der Heinrich-Böll-Stiftung in Nairobi findet, dass die Themen Hunger und Ernährungssicherheit entmystifiziert werden müssen. Es gebe nicht zu wenig Lebensmittel, sondern viele Menschen könnten sie sich nicht leisten, weil sie zu arm seien. Zwar stehen in vielen Teilen des Landes in den kommenden Wochen Ernten an, doch im Norden Kenias fehle es an Infrastruktur, um die Nahrungsmittel allen zugänglich zu machen.

Dass die Regierung in den nächsten Monaten den Importzoll für zehn Millionen Säcke Mais aufhebt, sieht Atamba kritisch. Denn dadurch würden die lokalen Märkte und die Existenzgrundlage der örtlichen Landwirte weiter gefährdet.

Regenzeiten in Afrika

Die vergangenen fünf Regenzeiten sind im Norden Kenias überdurchschnittlich schwach ausgefallen. "Wir sind im fünften Zyklus der Dürre", sagt Guyo. Viele Kinder gehen nur noch unregelmäßig zur Schule, immer dann, wenn mal wieder eine Essenslieferung kommt. Die Regierung müsse in der Region mehr in Bildung und alternative Anbaumethoden investieren, sagt Guyo. Dass das nicht passiert, schreibt der Abgeordnete schlechter Planung zu. Menschen aus Nordkenia seien bisher kaum in den obersten Ebenen der Regierung vertreten gewesen - und deshalb habe die Region weder Ressourcen noch Aufmerksamkeit bekommen.

Eine weitere Hürde: Korruption. "Wenn die staatlichen Ressourcen tatsächlich da ankämen, wo sie hin sollen, dann könnten wir schon bald unabhängig von Hilfsgütern sein", sagt Guyo. Sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene würden sich viele Politiker in erster Linie selbst bereichern. Damit sich etwas ändert, will Guyo vor allem daran arbeiten, dass die betroffenen Menschen um ihre Rechte wissen und diese auch von der Regierung einfordern.

Für Guyo hat der Norden von Kenia großes Potenzial. Er erzählt von Ägypten oder Israel, wo mit Bewässerungstechnologien in der Wüste Landwirtschaft betrieben wird. Im Norden von Kenia gibt es große, bisher ungenutzte Grundwasserspeicher, die zur Bewässerung von Feldern angezapft werden könnte.

Auch wenn Wario Guyo grundsätzlich optimistisch ist, die nächsten Monate werden hart. Januar, Februar und März sind die heißesten Monate im Jahr. Schon in diesem Jahr sind in seinem Wahlkreis mindestens elf Kinder verhungert.

"Wir werden in den kommenden Monaten mehr Menschen verlieren an den Hunger", sagt Guyo.