München (epd). 1000 Paten, 1000 Lebensgeschichten: Mit dem Projekt "Rückkehr der Namen" erinnert der Bayerische Rundfunk (BR) in Kooperation mit der Landeshauptstadt München am Donnerstagnachmittag (11. April) in der Innenstadt an tausend Opfer des NS-Regimes. Jeweils an den letzten Wohnorten der Ermordeten werden Patinnen und Paten laut Projekthomepage mithilfe von Fotografien und Lebensdaten an "ihren" Namen erinnern. Hinter den tausend Biografien stünden nicht anonyme Nummern, sondern "Menschen, die in München gelebt haben, die Nachbarn, die Freunde waren", sagte Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), die sowohl Schirmherrin des Projekts wie auch Patin für den 1944 in Gestapo-Haft gestorbenen Politiker Eduard Hamm ist, im Vorfeld.

An der Aktion beteiligen sich laut Veranstalter zwölf Schulen und über 80 Organisationen, darunter der Bayerische Landtag, Wohlfahrtsverbände, Opfervereinigungen, Gedenkstätten, Kultureinrichtungen sowie Religionsgemeinschaften. Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB), Christian Kopp, ist Pate für Hermann Frieb, Sozialdemokrat und Mitglied der Gruppe "Neu Beginnen", der im August 1943 in Stadelheim hingerichtet wurde. "Die Demokratie, in der wir leben dürfen, ist das beste politische System, das Deutschland je hatte - das dürfen wir niemals vergessen", begründete Kopp auf Anfrage des Evangelischen Pressediensts (epd) seine Teilnahme. Auch Regionalbischof Thomas Prieto Peral und Stadtdekan Bernhard Liess erinnern mit Simon Hutzler und Josef Held an zwei ermordete Münchner.

Die Abteilung "Public History" des Kulturreferats hat für das Projekt 1000 Kurzbiografien erstellt. Sie repräsentieren laut Projektleiter Andreas Bönte einen Querschnitt der NS-Opfergruppen: "Es sind Männer, Frauen und Kinder, sie stammen aus der jüdischen Gemeinschaft, waren Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Menschen mit Behinderung, nicht nur Prominente, sondern Menschen aus der breiten Bevölkerung des damaligen Münchens." Die Aktion wolle vermitteln, dass die Opfer des NS-Regimes "nicht als Opfer auf die Welt gekommen sind" und deshalb mit ihrer ganzen Lebensgeschichte wahrgenommen werden müssten. Eine App ermöglicht Interessierten den Zugang zu den einzelnen Lebensgeschichten und zeigt, an welchen Orten der Münchner Innenstadtviertel die Patinnen und Paten am Aktionstag ab 15 Uhr stehen.

Im Anschluss an die Mahnwachen findet ein gemeinsamer Gedenkmarsch vom Königs- zum Odeonsplatz statt, wo am frühen Abend eine Schlusskundgebung das Projekt beendet. Als Redner werden Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München und Oberbayern, Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats der Sinti und Roma in Deutschland, Landtagspräsidentin Ilse Aigner sowie Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und BR-Intendantin Katja Wildermuth erwartet.

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