München, Freiburg (epd). Für die einen ist es ein Rettungsanker in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, für andere hingegen das Totenglöckchen der katholischen Print-Publizistik: Zu Ostern erscheint erstmals das neue gemeinsame Magazin, das die Bistumszeitungen von 15 katholischen Bistümern und Erzbistümern ersetzt. In Osnabrück produziert künftig eine gemeinsame Zentralredaktion den überregionalen Teil, in den Redaktionen der bisher eigenständigen Bistumszeitungen entsteht der Regionalteil. Ein Impulsgeber des Projekts war der Münchner Sankt Michaelsbund, der unter anderem die "Münchner Kirchenzeitung" verlegt.

Stefan Eß klingt zufrieden. Wobei es nach seinem Geschmack noch schneller hätte gehen können. "Wir haben seit Jahrzehnten immer wieder über Kooperationen der Bistumszeitungen gesprochen - nur kamen sie bislang nie zustande", erläutert der Vorstand des Sankt Michaelsbundes, dem zentralen Medienhaus in der Erzdiözese München und Freising. Der wirtschaftliche Druck angesichts sinkender Auflagen und wegen der schwierigeren finanziellen Situation der katholischen Kirche insgesamt hätten die Einsicht befördert, dass man alleine nicht in der Lage sei "ein neues Konzept zu erstellen und als Produkt auf den Markt zu bringen", sagt Eß.

Für Eß ist das neue Magazin aber auf keinen Fall eine Kompromiss- oder gar Notlösung. "Wir wollten unsere 'Münchner Kirchenzeitung' nicht geschmeidig auslaufen lassen, bis es wirtschaftlich halt gar nicht mehr geht", erläutert er. Das neue Magazin sei ein Produkt, das nicht nur die bisherige Leserschaft bei der Stange halten soll: "Wir wollen auch neue Leserinnen und Leser gewinnen. Das wird etwas richtig Gutes." Inhaltlich soll es "magaziniger" und hintergründiger werden, sagt Eß. Der überregionale Mantelteil bekomme eine gemeinsame redaktionelle Linie, die die "Mehrheitsmeinung der Bischöfe" der beteiligten Bistümer abbilden soll.

Neben der "Münchner Kirchenzeitung" sind auch die Bistumszeitungen aus Würzburg, Eichstätt, Padernborn sowie elf Titel der Verlagsgruppe Bistumspresse mit Sitz in Osnabrück dabei - für die (Erz-)Bistümer Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz, Magdeburg, Fulda, Hamburg, Hildesheim, Limburg, Mainz und Osnabrück. Der Chefredakteur des Würzburger katholischen "Sonntagsblatts", Wolfgang Bullin, ist vom Erfolg des Projekts überzeugt - auch, weil erfahrene Redaktionsverbünde und Druckereien dabei sind. Die neue Redaktionstechnik hat die Osnabrücker Bistumspresse ausgerollt, gedruckt wird beim Bonifatius-Verlag in Paderborn.

"Ich war früher ein großer Verfechter der Selbstständigkeit", berichtet Bullin. Die Zeichen der wirtschaftlichen Realität stünden aber auf noch mehr Zusammenarbeit. Und das, obwohl das "Sonntagsblatt" aktuell noch rund 17.000 Druckauflage hat - eine Menge, von der andere Bistumsblätter nur träumen können. "Wichtig ist, dass wir in dem Magazin-Projekt unseren Namen behalten und auf den Regionalseiten weiter eigene Schwerpunkte setzen können", sagt Bullin, der Anfang Mai in den Ruhestand geht. Der Auftrag der Bistumsleitung an ihn sei gewesen, vor seinem Renteneintritt "ein klares Konzept für die Zukunft der Zeitung vorzulegen".

Es ist nicht so, als hätten sie in Würzburg nicht schon bisher kooperiert. So gab es einen Seiten-Austausch mit dem Bamberger "Heinrichsblatt". Damit ist nun Schluss, denn dort will man weiter selbstständig bleiben. Und zwar aus inhaltlichen und finanziellen Gründen, sagt Chefredakteur Andreas Kuschbert. "Zum einen wollen unsere Leserinnen und Leser keine Mantelinhalte aus Osnabrück, sondern beispielsweise Weltkirche aus der Bamberger Sicht", erläutert er. Zum anderen seien in einem Magazinverbund keine Anzeigenkollektive mehr möglich, die dem "Heinrichsblatt" mit seinen rund 14.000 Exemplaren zusätzlich Geld einbringen.

Kuschbert ist auch Sprecher der Chefredakteure der katholischen Bistumszeitungen. Ihm liegt etwas an der katholischen Print-Publizistik, wie er sagt: "Auch deshalb hoffe ich, dass es bei den beteiligten Zeitungen kein böses Erwachen gibt." Für ihn hat das Projekt allerdings durchaus das Potenzial für ein "Totenglöckchen" der Branche. Denn für das "Heinrichsblatt" ist das neue Magazin der 15 Erzbistümer und Bistümer wirtschaftlich durchaus eine Herausforderung. "Wir haben bislang für die Kollegen in Eichstätt wöchentlich bis zu zehn Seiten produziert", erläutert Kuschbert. Auch das war eine Einnahmequelle, die künftig wegfällt.

Auch das "Passauer Bistumsblatt" mit einer Auflage von rund 9.500 Stück bleibt selbstständig. "Wir haben erst vor zwei Jahren mit dem 'Altöttinger Liebfrauenboten' fusioniert", berichtet Chefredakteur Wolfgang Krinninger. Nun schon wieder etwas zu verändern, würde Leserschaft und Redaktion überfordern, ist er überzeugt. Um die Kosten zu senken, kooperiere man in Passau bei "gesicherter redaktioneller Unabhängigkeit" mit der Bistums-Pressestelle. Eine abschließende Meinung zum neuen Magazin hat er nicht, den 14-tägigen Turnus aber findet er eher ungeeignet: "Grundsätzlich ist aber jeder Weg, die Bistumszeitungen zu erhalten, ein guter."

Rund 27.000 Exemplare hat die auflagenstärkste deutsche Bistumszeitung, das Freiburger "Konradsblatt". Dort ist man mit Blick auf das neue Magazin zurückhaltend: "Ich bin der Überzeugung, dass die Zukunft der Bistumszeitungen in einer starken Regionalität liegt", sagt Chefredakteur Klaus Gaßner. Er habe das Konzept genau geprüft - es biete aber keinen Mehrwert für die Leserschaft im Erzbistum Freiburg: "Die Kirche steht vor gewaltigen Strukturveränderungen, da geht vielerorts ein Stück Heimat verloren." Eine gut regional verankerte Bistumszeitung könne hier eine "Klammerfunktion" einnehmen, die die Gläubigen zusammenhält.

Kooperationen seien nicht grundsätzlich schlecht, meint Gaßner. Es komme nur auf die richtigen Partner an. Für ihn müssten die eben aus der Region kommen. Wohl auch deshalb sind ihm Kooperationen mit Medien der evangelischen Landeskirchen von Baden und Württemberg näher als mit Bistumszeitungen aus anderen Ecken Deutschlands. Michaelsbund-Vorstand Stefan Eß glaubt, dass mehrere Bistumszeitungen erst einmal abwarten wollen, wie das neue Magazin startet - und vielleicht später dazustoßen. "Unsere Arme sind offen", sagt er. Auf das "Konradsblatt", das nach wie vor Gewinne erzielt, braucht Eß wohl eher nicht zu warten.

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