München (epd). Bayern verstärkt seinen Kampf gegen Antisemitismus - und geht auch bundesweit gesehen neue Wege: Erstmals gibt es nun einen zentralen Antisemitismusbeauftragten der Justiz. Oberstaatsanwalt Andreas Frank werde sich ab sofort hauptamtlich und ausschließlich dem Kampf gegen Antisemitismus und Judenhass widmen, sagte Justizminister Georg Eisenreich (CSU) am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in München. Frank sei nun zuständig für Verfahren mit besonderer Bedeutung, könne bayernweit auch Verfahren an sich ziehen, ermitteln und Anklage erheben. Ein solcher Spezial-Staatsanwalt für Antisemitismus ist laut Justizministerium bisher einmalig in Deutschland.

Bisher war Frank als einer von drei regionalen, nebenamtlichen Antisemitismusbeauftragten der Generalstaatsanwaltschaften in München, Nürnberg und Bamberg tätig. Als zentraler Antisemitismusbeauftragter werde er nun den Kampf gegen Judenhass koordinieren und Staatsanwaltschaften und Gerichte für diese Thematik sensibilisieren, erläuterte Eisenreich weiter. Und er sei zentraler Ansprechpartner etwa für den Zentralrat der Juden in Deutschland.

Als weitere Maßnahme gab Justizminister Eisenreich die Einrichtung eines Online-Meldeverfahrens bei Rias Bayern bekannt. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (Rias) nimmt Meldungen über antisemitische Vorfälle entgegen und unterstützt Opfer von Antisemitismus. Neu sei nun, dass Betroffene über Rias Bayern auch Anzeige erstatten können. Dies sei ein niederschwelliges Angebot für Menschen, die nicht sofort zur Polizei oder zur Staatsanwaltschaft gehen wollten, sagte Eisenreich.

Die Leiterin von Rias Bayern, Annette Seidel-Arpaci, zeigte sich erfreut über die neue Möglichkeit, über das Online-Meldeverfahren, Straftaten zur Anzeige zu bringen. Sie betonte aber zugleich, dass Vorfälle nur an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden, wenn die Betroffenen dies ausdrücklich wünschten. Es braucht weiter erhöhte Aufmerksamkeit und Bewusstsein für Antisemitismus bei der polizeilichen Arbeit. Denn viele Betroffene hätten Bedenken, antisemitische Vorfälle anzuzeigen aus Angst, nicht ernstgenommen zu werden.

Der neue zentrale Antisemitismusbeauftragte Andreas Frank sagte bei der Pressekonferenz, dass sich die jüdische Community eine starke Schulter durch die Justiz wünsche. Viele Jüdinnen und Juden hätten Angst, Anzeige zu erstatten, weil sie Repressalien befürchteten. Ihnen müsse nun vermittelt werden, dass sie ernstgenommen würden. Besonderes Gewicht seiner Arbeit werde darauf liegen, antisemitische Straftaten zu identifizieren und jüdische Geschädigte zur Anzeige zu ermutigen. Der Antisemitismus in Bayern sei zuletzt vor allem wegen der Querdenker-Demonstrationen gewachsen.

Der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle, wertete die neue Personalie und die Betonung von Rias Bayern als "starkes Signal". Die Maßnahmen machten deutlich, dass die jüdische Community auf einen wehrhaften Rechtsstaat vertrauen könne.

Guy Fränkel von der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern sagte, dass er sich in München immer wohl und sicher gefühlt habe. Doch die Sicherheitslage habe sich verändert, sagte der gebürtige Münchner. Antisemitismus sei immer offener zu spüren. Judenhass finde seinen Weg immer weiter in die Mitte der Gesellschaft.

Die Zahl der antisemitischen Straftaten in Bayern steigt, nicht zuletzt auch wegen der Corona-Querdenker-Szene. Im vergangenen Jahr wurden laut dem Generalstaatsanwalt in München, Reinhard Röttle, 353 antisemitische Straftaten im Freistaat erfasst.