München (epd). Für Claudia Roth (Grüne) ist Ökumene nicht nur im kirchlichen Kontext wichtig, sondern spiegelt auch die Arbeit im demokratischen Rechtsstaat wider. "Einigkeit kann nur im Gespräch miteinander gefunden werden", sagte die Kulturstaatsministerin am Sonntag in ihrer Kanzelrede in St. Lukas in München laut Manuskript. Niemand werde aus dem Gespräch ausgeschlossen, weil er oder sie anders sei. Dieser Grundsatz verweise auch die Behauptung der ursprünglichen Homogenität eines Volkes "ins Reich der Lüge".

Wie die Kirche wisse auch der demokratische Rechtsstaat, wie anstrengend und kompliziert Ökumene ist. Einigkeit müsse erst einmal gesucht werden. "Totalitäre Regime und Autokraten suchen keine Einigkeit. Sie wollen sie erzwingen", sagte Roth weiter. "Sie vermeiden das Gespräch und gebieten Schweigen, wie der russische Gewaltherrscher Putin, der nur die Sprache der Bomben und des Kanonendonners spricht." Die Verbündeten des Krieges seien Rassismus, Antisemitismus, Menschenfeindlichkeit und Hass.

Die Staatsministerin rief dazu auf, das Versprechen des "Nie wieder" einzuhalten: "Das sind wir allen hier lebenden Jüdinnen und Juden, aber auch uns selber schuldig. Das war das Versprechen der Mütter und Väter des Grundgesetzes: 'Die Würde des Menschen ist unantastbar'." Das gelte nicht nur für Deutsche ohne Migrationshintergrund oder heterosexuelle Menschen, sondern für jeden Einzelnen. "Wir alle, jeder von uns, ist als Demokrat oder Demokratin, aber auch als Christ und Christin gefordert, dem Hass zu widersprechen, ihm entgegenzutreten, wo immer er sich zeigt", forderte Roth. Demokratie und Kirche müssten als Verteidiger der Menschenwürde zusammenstehen.

Die Würde von Kindern und Jugendlichen sei dabei besonders verletzlich. Mit Blick auf die aktuelle Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland, die mindestens 2.225 Betroffene und 1.259 mutmaßliche Täter benennt, sagte sie, das Verhalten der Kirche habe sie entsetzt. "Sie hat vor dem Offensichtlichen jahrzehntelang die Augen geschlossen und die himmelschreiende Not der jungen Opfer überhört." Kompromisslose Aufklärung der Taten mithilfe externer Fachleute und Beschwerdestellen sowie vollkommene Transparenz seien das Mindeste, was die Betroffenen von der Kirche erwarten könnten.

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