Eichstätt (epd). Die Einführung eines Rentensystems in einem Entwicklungs- oder Schwellenland kann dazu führen, dass die Zahl der Geburten in dem Land sinkt. Das höhlt wiederum die Basis des Rentensystems aus. Diesen Effekt haben Volkswirte der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) und der Universität Hannover in einer Studie festgestellt, teilte die KU am Mittwoch mit. Damit könnte ein System, das der Armutsbekämpfung dienen sollte, zur Überalterung der Bevölkerung beitragen.

Die Studie führten Alexander Danzer, Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre und Mikroökonomik an der KU, und Lennard Zyska von der Universität Hannover am Beispiel Brasiliens durch. Die Wahl sei auf dieses Land gefallen, da das Rentensystem dort "mit einem experimentellen Charakter" reformiert worden sei. Während Angestellte in Ballungsräumen schon seit mehreren Jahrzehnten in ein staatliches Rentensystem einzahlten, erhielten Beschäftigte und Selbstständige im ländlichen Raum Brasiliens erst mit der Verfassungsreform von 1991 Zugang zu staatlicher Altersvorsorge, erklärte Danzer in der Mitteilung. Wegen dieser Ungleichheit konnten die Forscher die Auswirkungen auf die ländliche Bevölkerung betrachten.

Es habe sich gezeigt, dass die Anzahl der Kinder pro Frau im Alter von 45 Jahren nach der Reform im Durchschnitt um 1,3 Kinder und damit unter vier Kinder pro Frau sank. "Das beschleunigt den ohnehin seit vielen Jahrzehnten zu verzeichnenden Geburtenrückgang im ländlichen Brasilien", sagte Danzer.

Ein gutes System der Alterssicherung benötige mehrere Bausteine. Ausschließlich auf ein umlagefinanziertes System in Zeiten schrumpfender Bevölkerungen zu setzen, sei gefährlich. "Die meisten Länder müssen also ihre Rentensysteme reformieren", erklärte Danzer. Mit den Forschungen wolle man anregen, "dass auch unbeabsichtigte Nebeneffekte solcher Reformen berücksichtigt und antizipiert werden müssen."

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