München (epd). Beschäftigte in staatlichen Behörden sowie Lehrpersonal an Schulen und Universitäten in Bayern dürfen künftig nicht mehr gendern. Wie Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung sagte, ist in bayerischen Behörden geschlechtergerechte Sprache mit Sonderzeichen wie Doppelpunkten, Sternchen oder Punkten verboten. Man ändere dafür die allgemeine Geschäftsordnung für Behörden in Bayern.

Eine "ideologiegetriebene" Sprache verenge die Diskursräume, begründete Herrmann den Schritt des Ministerrats. Es bestehe die Gefahr, dass Personen, die gendergerechte Sprache verwendeten, als menschenfreundlich und diejenigen, die es nicht tun, als solche angesehen würden, "die auf der dunklen Seite" stehen. Es solle durch eine solche Sprache kein moralischer Druck entstehen, "nur wenn ich etwas so sage, sage ich es richtig".

Auch Lehrkräfte und Schulleiterinnen und Schulleiter müssten sich in Vorlagen und dem Schriftverkehr an diese Geschäftsordnung halten, sagte der Minister. Zudem werde das Kultusministerium die Verordnung für die Lernmittel so ändern, dass auch keine Schulbücher bestellt werden, die gendergerechte Sprache verwenden. Schülerinnen und Schüler können sie allerdings verwenden. Ihnen würden dafür keine Fehler angekreidet, sagte Herrmann.

Die Staatsregierung beruft sich in ihrer Entscheidung auf den Rat für deutsche Rechtschreibung, der nicht empfiehlt, Sonderzeichen im Wortinneren zu verwenden, weil es sich damit um "Eingriffe in Wortbildung, Grammatik und Orthografie handelt, die die Verständlichkeit von Texten beeinträchtigen können", legte das Kabinett dar.

Gemischte Reaktionen

"Nicht weniger, sondern mehr Vielfalt wäre ein wichtiges Zeichen in Bayern", kritisierte der Queer-Beauftragte des Bayerischen Jugendring (BJR), Patrick Wolf, den Beschluss. Er sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die vom BJR am selben Tag veröffentlichte Studie HAY (How are you?) zeige, dass LSBTIQA*-Personen in nahezu allen Lebensbereichen in hohem Maß von Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen betroffen seien. "Daher wäre ein sensiblerer und aktueller Umgang mit unserer deutschen Sprache umso wichtiger". Dies zeige Respekt gegenüber der Vielfalt in der Gesellschaft und fördere aktiv die Gleichberechtigung aller Geschlechter.

Es dürfe weder eine Pflicht zum Gendern geben, noch ein Verbot, sagen die Landesvorsitzenden der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Bayern, Nicole Schley und Stefan Wolfshörndl. "Wir finden, jede*r soll sich selbst für oder gegen Gendern entscheiden können", schreiben sie in ihrer Mitteilung mit einem Gendersternchen. Der Beschluss widerspreche dem geplanten Aktionsplan Queer für Bayern.

Auch Lehrkräfte und Schulleiterinnen und Schulleiter müssten sich in Vorlagen und dem Schriftverkehr an die neue Geschäftsordnung halten, sagte Herrmann. Zudem werde das Kultusministerium die Verordnung für Lernmittel so ändern, dass auch keine Schulbücher bestellt werden, die Gendersprache verwenden. Schülerinnen und Schüler jedoch dürften gendern. Ihnen würden dafür keine Fehlerpunkte gegeben, sagte Herrmann.

Die Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV), Simone Fleischmann, unterstützt laut einer Mitteilung den Kabinettsbeschluss. Sie schränkt aber ein, sie hätte sich "mehr Selbstbestimmung und entsprechende Freiheiten für die Schulen vor Ort gewünscht". Allerdings seien auch "befürchtete weitergehenden Verbote" ausgeblieben. Schülerinnen und Schüler müssten nicht um ihre Noten fürchten, wenn sie sich um eine geschlechtergerechte Sprache bemühten.

Fleischmann sagte: "Sprache soll nicht verletzen und soll alle Menschen einbinden und sichtbar machen." Auch der Rat für deutsche Rechtschreibung spreche sich für eine geschlechtersensible Sprache aus und weise darauf hin, dass lediglich die Frage der Nutzung von Sonderzeichen noch nicht geklärt sei.

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