München, Wittenberg (epd). Zum Reformationstag am 31. Oktober haben die bayerischen evangelischen Geistlichen den Wert der Freiheit betont. "Freiheit zu leben, ist gar nicht so einfach", sagte etwa die Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski in der Bad Windsheimer St. Kilianskirche. Maßstab christlichen Tuns sollte die Liebe sein, "auch und gerade jetzt in den Zeiten von Corona" und inmitten der Auseinandersetzungen um die Grenzen der Freiheit.

Bornowski sagte, die Reformation sei "nicht zuletzt eine große Freiheitsbewegung" gewesen. Martin Luther habe entdeckt, dass Gott den Menschen die "Freiheit durch Jesus längst geschenkt" hat. Für sie selbst, sagte Bornowski, gehöre zu dieser "gebotenen Liebe und Verantwortung in Freiheit" aber auch, "dass ich mich impfen lasse, um andere zu schützen, um Angst zu nehmen, um mir und anderen Freiheit zu ermöglichen". Auch der Regensburger evangelische Regionalbischof Klaus Stiegler erinnerte an die Erfahrung von Freiheit, zu der Gott die Menschen berufe. Er betonte in den Dreieinigkeitskirchen von Neustadt am Kulm und Regensburg, dass "eine in Gott gründende Freiheit" immer auch eine soziale Komponente habe: "Freiheit und Verantwortung für das gemeinsame Leben gehören untrennbar zusammen."

Freiheit sei aber auch ein Versprechen, das überdehnt werde könne, so der evangelische Regionalbischof von München und Oberbayern, Christian Kopp, in seiner Predigt am Sonntagabend in der Michaelskirche in Ottobrunn. Das zeige sich etwa beim Thema Klima: "Wenn die Starken und Reichen in der Welt machen, was sie wollen, kommt das Gleichgewicht aus dem Lot", sagte er. Zur Freiheit gehöre immer auch, die Rechte der Anderen zu sehen. "Die Welt ist auch die Welt derer, die nach uns kommen", betonte der Regionalbischof.

Kopp mahnte davor, sich als Kirche zu sehr mit der Erhaltung vom immer Gleichen zu beschäftigen. Manchmal sei Kirche da "nicht offen genug, beinahe hätte ich gesagt, nicht frei genug zu sagen: Das war jetzt lange gut so", sagte er. Aber Heute sei Heute und "ein neuer Tag und eine neue Möglichkeit, die Liebe Gottes in die Welt zu tragen - Und das machen wir nun neu". Ähnlich äußerte sich die Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern beim Festgottesdienst zum 400. Jahrestag der Eigenständigkeit der Pfarrei Neuhof an der Zenn. Der Reformationstag sei der Tag, "an dem wir uns daran erinnern, dass Kirche sich immer wieder verändern muss, wenn sie ihrem Auftrag treu bleiben will".

Für Zeichen der Liebe, die von Herzen kommen, plädierte die evangelische Regionalbischöfin in Bayreuth, Dorothea Greiner, in ihrer Predigt in der Stadtkirche von Naila. Das fange bei kleinen Zeichen an, beim "Es war echt lecker" für die Person, die gekocht hat, oder beim freundlich anschauen und grüßen, sagte sie beim Reformationsgottesdienst, der in diesem Jahr zugleich das Fest zum 150-jährigen Jubiläum der Stadtkirche war. Die Verbindung mit Christus mache die Menschen frei von Hass und lasse sie lernen, jeden Menschen zu lieben.

Auch der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm erinnerte in seiner Predigt an den universellen Wert der Freiheit - allerdings predigte er in diesem Jahr nicht in Bayern, sondern in seiner Funktion als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der Schlosskirche zu Wittenberg. Freiheit sei umso bedeutsamer, als die Corona-Pandemie wie kaum ein anderes Ereignis der jüngeren Vergangenheit Grenzen aufgezeigt habe.

Zugleich wandte sich Bedford-Strohm gegen Mutlosigkeit in der Kirche: "Warum leben wir bei einer Zahl von über 40 Millionen Kirchenmitgliedern immer wieder in dem Gefühl, dass wir als Kirche kurz vor dem Aussterben sind?", fragte er und sprach sich für die Überwindung der Spaltungen in der eigenen Kirche aus: "Keiner glaubt uns unsere Glaubensbotschaft, wenn wir die Liebe, die mit ihr untrennbar verbunden ist, nicht selbst ausstrahlen."

Am Reformationstag am 31. Oktober erinnern Protestanten an die Anfänge der evangelischen Kirche. In der Schlosskirche zu Wittenberg soll der Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen wider den Ablasshandel der Kirche veröffentlicht haben, die schließlich zum Ausgang einer christlichen Erneuerungsbewegung wurden. Als Folge entstand die evangelische Kirche.