Nürnberg (epd). Ab dem 9. März zeigt die Kunsthalle Nürnberg Installationen der in Berlin lebenden vietnamesischen Künstlerin Sung Tieu. Ihre für die Ausstellung "One Thousand Times" zusammengestellten Werke thematisieren laut Mitteilung der Kunsthalle ein in der deutschen Nachkriegsgeschichte bislang vernachlässigtes Kapitel: 1980 schlossen die DDR und die Sozialistische Republik Vietnam ein Abkommen zur Anwerbung vietnamesischer Vertragsarbeiterinnen und -arbeiter, die in den Volkseigenen Betrieben (VEB) der DDR eingesetzt wurden. Durch die Wiedervereinigung 1990 sahen sich diese mit einer ungewissen Zukunft konfrontiert.

Aufgrund ihrer Familiengeschichte habe Sung Tieu begonnen, sich mit den soziopolitischen Auswirkungen dieses Abkommens zu beschäftigen. Ihre Ausstellung in der Kunsthalle Nürnberg rücke den Fokus auf die Plattenbausiedlung Gehrenseestraße 1 in Berlin, in der die Künstlerin einen Teil ihrer Kindheit verbrachte. Dieser Gebäudekomplex gehörte mit rund 1.000 Wohnungen zu den größten Wohnheimen für vietnamesische Vertragsarbeiter. Sung Tieu verschränke autobiografische Erfahrungen mit den gesellschaftspolitischen und ökonomischen Entwicklungen, die sich in der Geschichte der Wohnsiedlung und der dort lebenden Menschen spiegeln.

In der Ausstellung, die bis zum 9. Juni dauert, sind unter anderem Produkte zu sehen, die in VEB-Fabriken von Gastarbeitern hergestellt wurden, wie Kinderschuhe, eine Bohrmaschine und Radios. "Room 208" zeigt eine Nachbildung des 14 Quadratmeter kleinen Zimmers, das Sung Tieu als Kind zusammen mit ihrer Mutter bewohnte. "Sung Tieu nutzt die Formensprache des Minimalismus und füllt sie mit sozialer Realität, um eine individuelle und zugleich soziologische, historische wie politische Geschichte zu erzählen", so die Mitteilung.

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