"Es war eine Achterbahn der Gefühle. Ich habe mich gefreut, hatte gleichzeitig Trauer für den Spender, hatte Angst, weil mir klar war, jetzt wird mein Herz rausgenommen". Man bekommt Gänsehaut, wenn Tamara Schwab aus Roth den Moment beschreibt, als eines Nachts die Ärztin zu ihr ins Krankenhauszimmer kommt und ankündigt: Jetzt geht es in die Transplantationsklinik. Man habe ein Herz für sie, Tamara, die auf der sogenannten High Urgency Liste für ein Spenderorgan steht.

Schon zwei Herzstillstände gehabt

Ein genetischer Effekt habe ihr Herz Stück für Stück kaputtgemacht, erzählt die junge Frau. Von der Krankheit habe sie aber erst erfahren, nachdem sie schon zwei Herzstillstände gehabt hatte. Als sie wieder Herzrhythmusstörungen bekommt, sagen die Ärzte, dass sie transplantieren müssen.

Wegen ihrer seltenen Blutgruppe bekommt Tamara nach nur 33 Tagen ihr neues Herz. Großes Glück hatte sie schon bei ihren Herzstillständen 2018. Einmal retten sie mittrainierende Medizinstudenten im Fitnessstudio. Das andere Mal kann sie ihr Freund reanimieren, bis der Notarzt kommt. Nach ihrer Transplantation steht plötzlich einer dieser "Schutzengel" an Tamaras Klinikbett und fragt, ob sie ihn noch kenne. Einer der damaligen Medizinstudenten, die sie reanimierten, ist Kardiologe geworden.

 

Tamara hat Vertrauen und altes Leben zurück

Knapp zehn Monate nach der Transplantation geht es Tamara richtig gut. "Ich habe wieder Vertrauen und wieder mein altes Leben zurück." Zuvor hatte Tamara Schwab ihre Sicherheit verloren, traute sich nicht mehr allein zu wohnen, konnte keinen Sport mehr machen oder verreisen. Das ist nun wieder möglich. Allerdings ist Schwab Stammkundin in der Apotheke. Sie muss ein Leben lang Medikamente nehmen, die dafür sorgen, dass ihr Herz nicht abgestoßen wird, sagt sie.

Die junge Frau schreibt gerade an ihrem zweiten Buch. Ihr Erstes mit dem Titel "Mein Speeddating mit dem Tod" hat sie nach ihren Herzstillständen geschrieben. Das neue drehe sich um ihre Transplantations-Geschichte, verrät sie. Das helfe ihr einerseits, das Erlebte zu verarbeiten und zum anderen habe sie erlebt, "dass es anderen Menschen Mut gegeben hat, zu erfahren, dass solche Dinge gut ausgehen können". Die Erfahrung, dass man stark sein kann, auch wenn man in einer Krise steckt, habe ihr auch geholfen.

Tamara fordert, sich für oder gegen Organspende zu entscheiden

Tamara Schwab will aber auch erreichen, dass sich mehr Menschen mit der Frage auseinandersetzen, ob sie im Falle eines eigenen Hirntods Organe spenden oder nicht. Der unumkehrbare Hirntod betrifft laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation etwa ein Prozent der Menschen, die in Deutschland sterben. Die Wahrscheinlichkeit, dass man irgendwann ein neues Organ brauche, sei viermal höher als eines zu spenden. "Das wissen leider nur ganz wenige Menschen", klärt Schwab auch in ihrem Instagram-Account auf. Wer sich nicht selbst entscheide, potenzieller Organspender zu sein, lade die Entscheidung den Angehörigen auf, gibt sie zu bedenken.

Wer der Spender oder die Spenderin ihres neuen Herzens ist, wird Tamara nicht erfahren. Nach dem deutschen Transplantationsgesetz müssen Organspender und Organempfänger und ihre Familien anonym bleiben. Allerdings darf die Koordinierungsstelle für die Organspende seit ein paar Jahren anonymisierte Schreiben von den Organempfängern an die nächsten Angehörigen des Spenders weiterleiten, informiert das Bundesgesundheitsministerium.

Mit ihrem neuen Herz kann Tamara dieses Jahr auf zwei Hochzeiten im Freundeskreis gehen, freut sie sich. Sie kann wieder in ihrem Job als Wirtschaftspsychologin in der Personalentwicklung einer Bank arbeiten und die Zeit mit ihren Liebsten genießen. "Es ist mittlerweile ein bewussteres Zusammenleben", stellt sie fest.