Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst erklärt der 52-Jährige Dirk Wollenweber, warum er aktiv bei der Feuerwehr mitwirkt, zu welchen Einsätzen er am häufigsten gerufen wird und ob er schon mal selbst einen Seelsorger nach belastenden Einsätzen gebraucht hat.

Sie sind seit 2013 evangelischer Beauftragter für Notfallseelsorge in Südbayern, jetzt kommt ganz Bayern dazu. Außerdem sind Sie nicht nur als Feuerwehrseelsorger in ihrem Landkreis tätig, sondern auch selber aktiver Feuerwehrmann. Sie sind also bei Einsätzen für Leib und Seele dabei...

Dirk Wollenweber: Wenn ich schon Feuerwehrleute seelsorglich begleite, dann muss ich auch wissen, wie sie arbeiten. Es ist erfüllende Arbeit. Denn bei den meisten Einsätzen können wir Menschen helfen und manchmal bekommen wir sogar ein "Dankeschön". Da gehen die Feuerwehrleute mit einem guten Gefühl wieder nach Hause.

Manchmal kann es aber passieren, dass es für Feuerwehrleute belastende Einsätze gibt. Zum Beispiel, wenn Menschen im Auto verbrennen oder bei getöteten Kindern. Solche Situationen kommen aber zum Glück nur sehr selten vor. Aber wenn, dann sind wir von der Feuerwehrseelsorge gefragt und begleiten unsere Kameraden.

Wenn Sie als Notfallseelsorger unterwegs sind und Menschen begleiten, um was geht es bei den meisten Ihrer Einsätze?

Wollenweber: Die allermeisten Einsätze, zu denen ich als Notfallseelsorger gerufen werde, finden im häuslichen Bereich statt. Meistens geht es darum, Menschen zu betreuen, deren Partner gestorben sind. Nicht selten wachen Menschen neben ihren toten Partnern auf. Wenn dann der alarmierte Rettungsdienst merkt, dass die Angehörigen nicht allein klarkommen, wird die Notfallseelsorge gerufen. Wir sind dann da, haben Zeit, hören zu oder schweigen. Jeder Mensch ist da anders. Ebenso helfen wir den Menschen, nach Perspektiven für die nächsten Stunden und Tage zu suchen. Es geht letztendlich darum, dass wir diesen Menschen dabei begleiten, die ersten Schritte in einem sich plötzlich völlig veränderten Leben zu gehen.

Haben Sie auch schon mal einen Seelsorger nach einem Einsatz gebraucht?

Wollenweber: Für mich ist es ganz wichtig, professionelle Distanz zum Geschehen zu halten - bei meinen Einsätzen als Feuerwehrmann und bei meinen Einsätzen als Notfallseelsorger. Manchmal tut es mir gut nach schweren Einsätzen, das Ganze an Gott abzugeben: Gott, ich habe meinen Teil getan, jetzt bist du an der Reihe. Einmal habe ich nach einem langen Nachteinsatz die Distanz nicht geschafft. Da habe ich am nächsten Morgen mit einem Seelsorger gesprochen. Das war für mich total entlastend.

Evangelische Notfallseelsorge in Bayern

Die Notfallseelsorge der bayerischen evangelischen Landeskirche wurde vor rund 30 Jahren von Pfarrer Hanjo von Wietersheim mit aus der Taufe gehoben. Bis Ende 2021 war von Wietersheim oberster evangelischer Notfallseelsorger im Freistaat. Sein Nachfolger ist der Peitinger Pfarrer Dirk Wollenweber (52), der seit 2013 auch für die Notfallseelsorge und Seelsorge in Feuerwehr und Rettungsdienst in Südbayern zuständig ist.

Die Notfallseelsorge kümmert sich um Menschen in Notsituationen - also um Hinterbliebene, um Opfer, um Angehörige, um Zeugen und Vermissende. Meist geht es laut Dirk Wollenweber um Seelsorge-Einsätze im häuslichen Bereich, wenn Menschen mit dem plötzlichen Tod eines Angehörigen konfrontiert sind. Die Seelsorger stehen den Betroffenen bei, hören zu und helfen dabei, die nächsten Stunden und Tage zu strukturieren.

Die Notfallseelsorge ist ökumenisch aufgestellt. Insgesamt gibt es in Bayern derzeit rund 1.400 evangelische und katholische Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger in Haupt- und Ehrenamt. Oft arbeitet die Notfallseelsorge auch mit Kriseninterventionsteams unterschiedlicher Hilfsorganisationen zusammen. Sie ist damit Teil der "psychosozialen Notfallversorgung" in Bayern, die rund um die Uhr für Betroffene erreichbar ist.