Landsberg am Lech (epd). Die neue App "Nazi Crimes Atlas" erinnert an die Verschleppungen, Enteignungen und Tötungen durch die Nationalsozialisten. Zum 80. Jahrestag des Weltkriegsendes ist sie online gegangen. Das Projekt will nach und nach eine Karte mit rund 25.000 juristisch belegten Naziverbrechen zeigen, die an etwa 8.000 Orten im heutigen Deutschland verübt wurden. Im ersten Teil werden 3.000 Fälle der Novemberpogrome von 1938 veröffentlicht, sagte Projektleiter Wolfgang Hauck am Freitag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Herausgegeben wird die deutschlandweit einzigartige App vom Landsberger Verein "dieKunstBauStelle", den Hauck gegründet hat.
Die Zahl der vielen Verbrechensorte ergebe sich aus den Datenbanken und entspreche etwa 80 Prozent aller deutschen Städte, führte Hauck aus. Allein 3.000 Pins deuten auf die Orte, an denen judenfeindliche Novemberpogrome stattfanden. Verzeichnet seien nur diejenigen, die juristisch verfolgt wurden und in den Gerichtsakten hinterlegt seien. Die Zahl der gesamten NS-Unrechtsfälle sei weitaus höher, sagte Hauck.
Im Fokus der Erinnerungsarbeit stünden häufig große Städte wie München, Köln oder Berlin und die Orte mit ehemaligen Konzentrationslagern. In den Datenbanken tauchten aber auch jene "Alltagsverbrechen" von unbekannten Bürgern auf, nicht nur die Taten von prominenten Nazi-Führern, erläuterte Hauck. Die digitale App, die nun für jeden öffentlich zugänglich ist, soll der gesellschaftlichen Aufklärung dienen und Antisemitismus und Rassismus entgegenwirken: "Mit der App zeigen wir, dass es noch viel mehr Partizipation und Identifikation geben kann."
Bis Jahresende soll der gesamte Bestand der 25.000 Daten überarbeitet sein. Nach und nach würden weitere Tatkomplexe wie die Krankenmorde und Euthanasiefälle erarbeitet, das seien weitere etwa 500 Gerichtsfälle. Des Weiteren soll es auch um Denunziationen oder die Endphasenverbrechen gehen, aber auch um Verbrechen gegen politische Gegner. "Das Erschreckende an diesem Projekt ist die Bandbreite", sagte Hauck.
Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Universität Augsburg und gefördert von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft mit Mitteln des Bundesfinanzministeriums.
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