München (epd). Psychische Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen in Bayern stabilisieren sich auf einem hohen Niveau. Laut einer aktuellen Analyse des Kinder- und Jugendreports der DAK-Gesundheit für Bayern gab es von 2021 auf 2022 leichte Rückgänge bei den ambulanten und stationären Behandlungen. Trotzdem sei die Inanspruchnahme bei jugendlichen Mädchen noch immer höher als vor den Corona-Maßnahmen. Sie seien am stärksten von Depressionen, Angststörungen und Essstörungen betroffen. Insgesamt wurde 2022 bei rund 15.000 jugendlichen Mädchen in Bayern eine psychische Erkrankung oder Verhaltensstörung neu diagnostiziert.

Für die aktuelle Analyse untersuchten Wissenschaftler Abrechnungsdaten aus den Jahren 2017 bis 2022 von rund 107.500 Kindern und Jugendlichen bis einschließlich 17 Jahren, die bei der DAK-Gesundheit in Bayern versichert sind. Das Leiden vieler Kinder und Jugendlicher habe sich verfestigt, sagt Sophie Schwab, Landeschefin der DAK-Gesundheit in Bayern. Bei der aktuellen Haushaltslage könnte auch präventiven und pädagogischen Angeboten der Rotstift drohen: "Wir dürfen nicht an der Gesundheit unserer Kinder sparen. Ganz im Gegenteil, wir brauchen mehr spezifische Präventions- und Unterstützungsangebote in Bayern." Die im Herbst gestarteten "Mental Health Coaches" an bundesweit rund 100 Schulen dürften nicht nur ein Modellvorhaben bleiben, fordert Schwab, sondern müssten zur festen Institution an bayerischen Schulen werden.

Vor allem Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren sind wegen Depressionen, Angststörungen und Essstörungen in ärztlicher Behandlung. Zwar ging die Neuerkrankungsrate bei Depressionen 2022 in Bayern um sieben Prozent im Vergleich zu 2021 zurück. Doch ein Vergleich mit 2019 ergibt ein Plus von 32 Prozent. Neue Angststörungen nahmen 2022 bei jugendlichen Mädchen gegenüber dem Vorjahr um rund sechs Prozent ab, lagen aber 41 Prozent über dem Wert von 2019. Im Jahr 2022 gab es 18 Prozent weniger neue Essstörungen als 2021, aber noch immer 70 Prozent mehr als 2019.

Für Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte und -ärztinnen, sind die Ergebnisse "sehr beunruhigend". Die zunehmende Komorbidität bei Depressionen und Angststörungen und zunehmend chronische Erkrankungen ließen "die Hoffnung schwinden, dass die Probleme in absehbarer Zeit von selbst wieder verschwinden werden". Die Politik solle sich diese Erkenntnisse für die Zukunft zu Herzen nehmen, um "im Falle eines ähnlichen Geschehens nicht erneut die gleichen Fehler" zu machen.

Die DAK-Gesundheit ist nach eigenen Angaben mit 5,5 Millionen Versicherten, davon 755.000 in Bayern, die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands.

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