Eine Glocke stifteten schlesische Vertriebene nach 1945 der Rummelsberger Diakonie. Diese Glocke ist wichtiger Teil der Ausstellung "Fremde beherbergen. Geschichte eines diakonischen Auftrags" im Diakoniemuseum Rummelsberg ab Donnerstag (16. März). Mit dieser Ausstellung wird der Reigen von fünf bayerischen Schauen eröffnet, die beim europäischen Ausstellungsprojekt "Evangelische Migrationsgeschichte(n)" mitmachen.

Insgesamt sind zehn Museen dabei 

Häuser in Ungarn, Rumänien, Österreich, Slowenien und Frankreich stellen Menschen vor, die ihre Heimat verlassen mussten, zeigen die historischen Hintergründe und die Orte, an denen Geflohene aufgenommen wurden.

Eine Brücke nach Übersee schlägt das kleine Löhe-Zeit-Museum in Neuendettelsau (Kreis Ansbach). In Frankenmuth im US-Bundesstaat Michigan kamen ab 1845 die Auswanderer an, die dort die Idee des Neuendettelsauer Pfarrers Wilhelm Löhe umsetzen sollten, christliche Gemeinden zu bilden.

Eine nachgebaute Koje der Baumwoll-Frachter, in denen die Franken die gefährliche Reise unternahmen, wird in der aufgepeppten Ausstellung "Wilhelm Löhe und die Auswanderung aus Franken nach Amerika" (Beginn 21. Mai) zu sehen sein, erzählt Museums-Leiter Hermann Vorländer.

Es war die Armut, die die Menschen zum Verlassen der Heimat trieb. "Armen Menschen war es vom König sogar verboten zu heiraten", erklärt Vorländer. Sie suchten also auch die Freiheit.

Flucht wegen Verbot der eigenen Religion

Andere Migranten waren 200 Jahre zuvor in Franken und anderen evangelischen Regionen in Bayern angekommen, weil ihnen das Recht auf Ausübung ihrer Religion verwehrt wurde: Exulanten aus Österreich und Hugenotten aus Frankreich.

Unter ihnen auch der "Kauf- und Handelsmann" Balthasar Christalnig(g) aus Kärnten. Er war unter den sieben Stiftern, die im Jahr 1607 für die Weißenburger Kirche ein Bekenntnisbild stifteten. Weniger Betuchte, Bauern oder Handwerker brauchten dagegen Generationen, um sich eine Existenz aufzubauen.

Postkarte „Arbeiter-Kolonie Herzogsägmühle“ von 1920
Handgemalte Landkarte, die die Reiseroute der ersten Auswanderergruppe nach Frankenmuth zeigt.
Abschied der Auswanderer. Gemälde von Carl Wilhelm Hübner (1814–1879)
Plakat der Ausstellung "Fremde beherbergen"  in Rummelsberg

Besucher können selber nachforschen

16 Biografien - acht Hugenotten und acht Exulanten - stellt das Museum Kirche in Franken in Bad Windsheim in seiner Schau "Zuwanderer in Franken im 17. Jahrhundert" vor (Beginn 18. März).

Eine Besonderheit ist ein Computer mit einer Datenbank, die die Gesellschaft für Familienforschung in Franken zur Verfügung stellt, erzählt Museums-Mitarbeiterin Claudia Berwind.

In den 94.000 Namen können Besucherinnen und Besucher forschen, ob auch sie Vorfahren haben, die eingewandert sind. Anhand von historischen Filmen, Bildern, Dokumenten, Karten und Objekten zeigt die größte der zehn Ausstellungen, jene im Diakoniemuseum in Rummelsberg, wie diakonische Einrichtungen in der Vergangenheit den biblischen Auftrag "Fremde beherbergen" interpretierten, sagt der Leiter des Museums, der Historiker Thomas Greif.

Die Objekte stammen aus dem Hauptarchiv der Bodelschwingh'schen Stiftungen in Bethel, dem einstigen Diakonissen-Mutterhaus Lehmgruben (Marktheidenfeld) und der Bahnhofsmission Würzburg.

Im Museumskino sind Ausschnitte des Tonfilms "Es war ein Mensch" von 1950 zu sehen. Zeitzeugen berichten über ihre Flucht aus Ostpreußen und Schlesien, Mitarbeitende der Rummelsberger Diakonie aus 20 Nationen über ihre Herkunft und ihre heutige Tätigkeit in Bayern.

Persönliche Geschichten von Geflüchteten 

Biografien und Familiengeschichten steuert zum europäischen Projekt das kleine Museum "Lernort Sozialdorf Herzogsägmühle" bei, wie Leiterin Babette Gräpner-Müller erzählt. Die Besucherinnen und Besucher erfahren die Geschichte der Familie Alesch, Flüchtlinge aus der DDR, die 1957 in Herzogsägmühle (Kreis Weilheim-Schongau) in Holzbaracken unterkam.

Auch die Herkunft des Ehepaars Wolfgang und Helene Sirsch, geborene Czernetzky aus Schlesien und Mähren wird beleuchtet. Die Ausstellung zeigt, wie beide Familien in Oberbayern Fuß fassen konnten (Beginn 2. Juli).

Die Ausstellung "EinBlick" im Museum von Mission EineWelt

Diese setzt auf zeitgenössische Interviews mit Mitarbeitenden des landeskirchlichen Partnerschaftszentrums. Bei den Vorüberlegungen sei deutlich geworden, dass eine nur auf Deutschland fokussierte Sicht von dem, was "Mission" ist, nicht zur Konzeption von Mission EineWelt passt, erläutert Studienleiter Sung Kim.

"Es ist vielmehr die Wechselseitigkeit, die bereits in der Wirklichkeit der gelebten Partnerbeziehungen Niederschlag findet".

In der Ausstellung (Beginn 25. Mai) wird man zehn unterschiedlichen Menschen begegnen können. Sie alle stehen mitten im Leben und haben ganz unterschiedliche Erfahrungen mit "Mission und Migration" gemacht.

So empfindet Grace Matandika (geboren 1998) ihr Leben "manchmal so bunt wie einen Obstsalat". "Ich muss mich auf den Weg zu den Menschen machen", sagt Ingrid Walz (1967) zu ihrer Motivation, warum sie trotz traumatischer Erfahrungen auch heute noch in Tansania lebt und arbeitet.

Ausstellung ausleihen

Migration ist ein Wesensmerkmal beinahe aller menschlicher Kulturen. Sie ist seit jeher Teil der europäischen Geschichte. Die Gründe für Migration waren und sind zu allen Zeiten vielfältig. Die Ausstellung "Migrationsgeschichte(n)" erzählt von Wanderungsbewegungen aus dem Blickwinkel evangelischer Kulturgeschichte. Die Ausstellung kann ausgeliehen werden.

Sie stellt Menschen vor, die aus Glaubensgründen, aus wirtschaftlicher Not oder infolge von Kriegen ihre Heimat verlassen mussten oder aus eigener Initiative in für sie unbekannte Länder gezogen sind. Sie erzählt vom kulturellen Erbe dieser Menschen, von ihren Chancen und Risiken und davon, wie sie ihre neuen Welten mitprägten.

Die Plakat-Ausstellung kann ab Juni 2023 ausgeliehen werden. Wenn Sie über das genaue Datum informiert werden wollen, abonnieren Sie unseren Newsletter von ausstellungen-leihen.de.

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