Im Grundsatzparteiprogramm der Alternative für Deutschland (AfD) lässt die Partei unter dem Stichwort "Familien und Kinder" durchblicken, wie sie Familie definiert, welche Familien mit Unterstützung rechnen können und welche Rolle insbesondere Mütter zu spielen haben.
Das Familienbild der AfD
"Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur traditionellen Familie als Leitbild" lautet der erste Satz im entsprechenden Abschnitt des Grundsatzprogrammes. In diesem einen Satz schwingt vieles mit und er setzt direkt einen klaren Rahmen.
2021 präzisierte die Partei auf Anfrage des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD) diese Aussage Haltung, indem sie sagte:
"Die traditionelle Familie aus Vater, Mutter und möglichst mehreren Kindern ist das Leitbild unserer Familienpolitik. Was als Regenbogenfamilie oder neudeutsch Patchwork-Familie – eigentlich Flickwerk-Familie – verniedlicht wird, ist in Wahrheit oft nicht mehr als das Ergebnis eines gescheiterten Versuchs, eine normale Familie aufzubauen."
Mit traditionell meint die AfD also ausschließlich die Kombination aus Vater, Mutter und Kind. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Regenbogenfamilien oder Familien mit Kindern, die lesbisch, schwul, bisexuell, trans- oder intergeschlechtlich sind, hätten in einem Deutschland, wie es sich die AfD wünscht, keinen Platz.
Wer keine "normale Familie" bildet, hat laut der Partei versagt und im nächsten Schritt auch keinerlei Anrecht auf Förderung.
Homophobe Politik
Schon 2018 brachte die AfD einen Gesetzesentwurf in den Bundestag ein, nachdem die Ehe für Alle wieder abgeschafft werden sollte. Der Lesben- und Schwulenverband bezeichnet die Partei als "zutiefst homophob". Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die AfD-Politikerin Alice Weidel die erste offen lesbische Fraktionsvorsitzende im Bundestag ist.
Mehr Kinder
Im zweiten Punkt geht die AfD in ihrem Grundsatzprogramm nicht etwa auf naheliegende und bedeutende Themen wie Bildung oder den Schutz von Kinder- oder Familienrechten ein, sondern es folgt ein Absatz mit der Überschrift "Mehr Kinder statt Masseneinwanderung".
Damit macht die Partei sehr deutlich, dass sie Kinder nicht als wertvolle und schützenswerte Individuen betrachtet, sondern eher als menschliches Material für eine wachsende Bevölkerung. Dazu kommt, dass Kinder hier instrumentalisiert werden, um Stimmung gegen Migration zu machen.
Im Folgenden steht: "Den demografischen Fehlentwicklungen in Deutschland muss entgegengewirkt werden. Die volkswirtschaftlich nicht tragfähige und konfliktträchtige Masseneinwanderung ist dafür kein geeignetes Mittel. Vielmehr muss mittels einer aktivierenden Familienpolitik eine höhere Geburtenrate der einheimischen Bevölkerung als mittel- und langfristig einzig tragfähige Lösung erreicht werden."
Beispiele für aktivierende Familienpolitik im Sinne der AfD
Was die Partei unter einer aktivierenden Familienpolitik versteht, führt sie anschließend anhand von drei Beispielen aus.
So sollen Eltern zinslose Darlehen für Wohneigentum erhalten – je mehr Kinder sie haben, desto geringer soll die Schuldsumme werden. Außerdem will die AfD "Studenten, die während oder kurz nach Abschluss des Studiums Eltern werden", die Rückzahlung von Bafög-Darlehen erlassen. Zuletzt sieht sie vor, dass wer Kinder großgezogen hat, "früher in Rente gehen dürfen als Erwerbstätige, die sich dieser gesellschaftlichen Aufgabe nicht stellen konnten oder wollten."
Damit sind nicht nur Menschen benachteiligt, die keine Kinder bekommen wollen, sondern auch diejenigen, die trotz eines Kinderwunsches keine bekommen konnten und darunter unter Umständen sowieso schon leiden. Nicht zu vergessen, dass nur Kinder der "einheimischen Bevölkerung" willkommen sind.
Die Vollzeitmutter
Ein weiteres Ziel der AfD im Hinblick auf Familie ist es laut Grundsatzprogramm, die "Diskriminierung der Vollzeitmütter" zu stoppen:
"Den Bedürfnissen unserer Kinder nach individueller Betreuung muss wieder Rechnung getragen werden. Die AfD fordert, dass bei unter Dreijährigen eine Betreuung, die Bindung ermöglicht, im Vordergrund steht. Wir wollen eine echte Wahlfreiheit zwischen Fremdbetreuung in Krippen oder familiennaher Betreuung durch Eltern, Großeltern, Kinderfrauen oder Tagesmütter."
Was aufs erste vielleicht noch ganz gut klingt, ist bei genauerem Hinsehen doch wieder keine echte Wahlfreiheit, sondern eine Tendenz zu einem bestimmten Familienverständnis. Indem die AfD suggeriert, dass Kinder in Kitas grundsätzlich weder individuelle noch bindungsbezogene Betreuung erhalten, macht sie deutlich, dass die Betreuung in der Familie das einzig wahre ist, obwohl aktuelle Studien hier deutlich differenzieren.
So profitieren zum Beispiel Kinder, die in ihrem Elternhaus schlechtere Bildungschancen haben, sehr davon, wenn sie schon früh zeitweise auch außerhalb ihrer Familie betreut werden.
Dass Kinder durch Fremdbetreuung Entwicklungsrisiken hätten, sei "so nicht richtig", sagt auch Frank Niklas, Pädagoge und Familienforscher an der Ludwig-Maximilians-Universität München, im Gespräch mit dem BR.
"Natürlich sind Eltern für die Entwicklung ihrer Kleinkinder zentral. Allerdings stimmt es nicht, dass eine Fremdbetreuung junger Kinder automatisch mit Entwicklungsrisiken verbunden ist."
Entscheidend ist grundsätzlich vor allem eine hohe Qualität der Bildungseinrichtungen. Die AfD weist jedoch keinerlei Ideen auf, diese zu gewährleisten oder zu verbessern.
Rolle der Frau innerhalb der Familie
Auch dürfte aufgefallen sein, dass die AfD von Vollzeitmüttern und nicht von Vollzeitvätern spricht, nur die Begriffe Kinderfrauen und Tagesmütter fallen. Auf Mütter, die nach der Geburt ihrer Kinder den Wunsch haben, wieder zu arbeiten, oder Familien, die nicht nur von einem Gehalt leben können, geht die Partei nicht ein.
Thema Abtreibung
Als letzten Punkt ihres Grundsatzprogrammes zum Thema Familien und Kinder schreibt die AfD über das Thema Abtreibungen:
"Werdende Eltern und alleinstehenden Frauen in Not müssen finanzielle und andere Hilfen vor und nach der Entbindung angeboten werden, damit sie sich für ihr Kind entscheiden können. Die Alternative für Deutschland wendet sich gegen alle Versuche, Abtreibungen zu bagatellisieren, staatlicherseits zu fördern oder sie zu einem Menschenrecht zu erklären."
Frauen sollen also jegliche erforderliche Hilfe erhalten, was grundsätzlich absolut unterstützenswert ist – aber nur, wenn sie sich für ein Kind entscheiden.
Fazit
Der AfD genügen wenige Sätze, um ihre Familienpolitik sehr deutlich zu machen. Fördern wird sie lediglich "einheimische" Ehen zwischen Mann und Frau, aus denen mindestens ein Kind hervorgeht, besser mehrere. Kümmern soll sich die Mutter. Alternative Beziehungs- und Familienmodelle sind weder gewünscht noch haben sie irgendeine Art der Unterstützung zu erwarten. Hilfe für Kinder aus einkommensschwachen, bildungsfernen oder nicht einheimischen Familien ist nicht vorgesehen.
Kommentare
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Ich finde die sachliche…
Ich finde die sachliche Auflistung gut, die einfach nur aufschreibt, was die AfD will. Allerdings sollte man auch sagen, dass es natürlich nicht verboten ist, sich für dieses Lebensmodell zu entscheiden und also nicht jeder rechts ist, der / die es tut. Nur wäre dann noch ein Hinweis sinnvoll: So, wie die Regelungen der Versorgung im Fall der Scheidung oder bei frühem Tod des Partners sind, wird jede Frau in die Armut gestoßen, die sich auf dieses Modell eingelassen hat (es sei denn, sie hat Vermögen). Die Väter dieser Änderung wussten, warum sie das eingeführt haben...
Jede Frau in die Armut…
Jede Frau in die Armut gestossen.
Man kann da auch vorsorgen.
Immer wird das sogenannte konservative Familienmodell so diskutiert.
Die Frauen enden in der Altersarmut.
Allein von der gesetzlichen Rente kann auch keine Frau leben.
Nur wenn sie einen gut bezahlten Beruf hatte den sie in Vollzeit ausüben konnte.
Da konnte man auch noch anderweitig Rücklagen schaffen evt.
Ich fand die Regelung auch…
Ich fand die Regelung auch besser Kinder erst mit drei Jahren fremd betreuen zu lassen.
Da können sie laufen und reden.
Wir haben zu wenig Erzieherinnen und eine gute Betreuung der unter dreijährigen ist auch nicht überall gegeben.
Kinder werden nicht gewürdigt.
Ja aber als was sieht man die Mütter als Arbeitskraft.
Vollzeitmütter haben kein gutes ansehen,das stimmt auch.
Und Abtreibung will die Kirche doch auch nicht.
Vieles ist absurd in diesem Programm aber alles auch nicht