Nicht erst nach den Anschlägen von Halle, Hanau oder zigfachem Rassismus und Hass im Internet muss die Gesellschaft sich solidarisch mit Juden und Muslimen zeigen, war der Grundtenor der Eröffnungsveranstaltung zur "Woche der Brüderlichkeit" der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Franken (GCJZ) in Nürnberg. Nach den Worten des Inhabers des Lehrstuhls für Menschenrechte an der Universität Erlangen, Heiner Bielefeldt, verstößt Rassismus "gegen die Geschäftsordnung der Demokratie". Rassismus sei "eine Absage an Freiheit und Gleichheit und die Verweigerung des Respekt gegenüber dem anderem", sagte der Festredner.

Es sei nicht "politische Korrektheit", wenn Rassismus eine Absage erteilt werde, sondern die Einhaltung von Prinzipien, betonte Bielefeldt. Er rief dazu auf, "klipp und klar, diese Prinzipien zu benennen". Auf rassistische Äußerungen und Ausgrenzungen müsse man niedrigschwellig reagieren. "Das Wort Zivilcourage ist mir zu empathisch", sagte Bielefeldt, "sie muss selbstverständlicher werden".

Angesichts eines immer größer werdenden "Resonanzraums" für antisemitische und rassistische Reden erklärte Bielefeldt, die Meinungsfreiheit habe in einer Demokratie den Sinn, respektvoll um den richtigen Weg zu ringen, "da kann es ruppig zugehen und knallen". Die Grenze der Meinungsfreiheit sei aber dort, wo sie andere aus der Gemeinschaft ausschließe. Bielefeldt rief dazu auf, "den Sinn der Meinungsfreiheit nicht verlottern zu lassen".

Auch mit ihrer Geschichte und der Erinnerung daran müsste die Gesellschaft "pflegerisch umgehen". Wo "elementare Tatsachen geleugnet werden" oder historische Tatsachen "im Nebel der Fake-History" verschwinden würden, sei ebenfalls die Grenze der Meinungsfreiheit erreicht, erklärte der Historiker und Theologe.

Die Gesellschaft sei umso mehr aufgefordert, den Mund aufzutun, als bei Antisemitismus und Antiislamismus das Strafrecht an seine Grenzen komme, erklärte Bielefeldt. Es könne niemals über versteckte Andeutungen, Uneindeutigkeiten, Verschwörungstheorien oder Witze richten.

Der evangelische Vorsitzende der GCJZ Franken, Dekan Christopher Krieghoff, nannte es beschämend, dass 80 Jahre nach der Verfolgung der Juden, eine Gesellschaft immer noch betonen müsse, dass die Juden zu ihr gehören. Antisemitismus dürfe nicht zu Deutschland gehören, betonte Krieghoff. "Auch da müssen wir den Mund auftun", zitierte er das diesjährige Motto "Tu deinen Mund auf für die anderen" der "Woche der Brüderlichkeit". Dieses Motto sei eine Grundsatzerklärung für politisches, zivilgesellschaftliches und diakonisches Handeln, erklärte auch der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD).

Bei dem Festakt der GCJZ Franken gaben die Kinder von der Holzgarten Grundschule in Nürnberg den Etz-Chaim-Schulpokal der GCJZ an das Johannes-Scharrer-Gymnasium in Nürnberg. Zuvor hatten die Schülerinnen und Schüler eine Ausstellung präsentiert, die sie im Laufe ihres Schwerpunktjahres selbst konzipiert hatten. Mit dem Projekt Schulpokal will die GCJZ Präventionsarbeit zum Thema Antisemitismus bei Kindern und Jugendlichen leisten und Akzeptanz und Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Religionen fördern.

Die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Franken besteht seit 70 Jahren und setzt sich für einen interreligiösen Dialog in der Metropolregion ein.

Woche der Brüderlichkeit

Seit 1952 veranstalten die Gesellschaften für Christlich- Jüdische Zusammenarbeit im März eines jeden Jahres die Woche der Brüderlichkeit. In ganz Deutschland werden dann Veranstaltungen durchgeführt, um auf die Zielsetzung der Gesellschaften und auf ein  Jahresthema hinzuweisen. Im Rahmen der zentralen Eröffnungsfeier wird die Buber-Rosenzweig-Medaille an Persönlichkeiten oder eine Organisation verliehen, die sich im christlich-jüdischen Dialog außerordentliche Verdienste erworben haben.